Kempen Neue Kita-Plätze: Die Zeit drängt
Schon zum nächsten Sommer fehlen in Kempen neun Gruppen. Nun muss an- oder neu gebaut werden. Die Kämmerei sieht Belastungen in Millionenhöhe auf die Stadt zukommen.
Kempen. Dass es bei der Versorgung von Familien mit Kita-Plätzen in Kempen bald eng werden könnte, hat die Stadt der Politik bereits im Juni im Jugendhilfeausschuss signalisiert. Da schlugen Jugendamtsleiterin Heike Badberg und Dezernent Michael Klee Alarm und bereiteten die Politiker darauf vor, dass es einiges zu tun gibt. Nun legt die Verwaltung für den nächsten Ausschuss am 23. November konkretere Zahlen und Pläne vor.
Die Nachfrage nach Kita-Plätzen ist gestiegen: bei den unter Dreijährigen (U3) stadtweit auf etwa 50 Prozent. Bei den Kindern ab drei Jahren, die einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz haben, sind es sogar nahezu 100 Prozent. Außerdem hat die Stadt mit Blick auf die Neubaugebiete ausgerechnet, wie viele Kita-Plätze in den nächsten zehn Jahren benötigt werden.
Bereits heute steht daher fest, dass das vorhandene Angebot in den Kempener Kitas zum 1. August 2018 nicht ausreichen wird. Insgesamt fehlen aktuell neun Gruppen. Geht man von einer Gruppenstärke von 20 aus, geht es also um fehlende Plätze für 180 Kinder. In den nächsten Jahren kommen dann noch einmal weitere sechs Gruppen hinzu. Aus Sicht des Jugendamtes besteht somit dringender Handlungsbedarf zur Sicherstellung des Rechtsanspruchs — und das bereits für das Kindergartenjahr 2018/19.
In den nächsten neun Monaten muss also einiges passieren. Daher hat das Jugendamt Einrichtungen im gesamten Stadtgebiet für mögliche Baumaßnahmen in den Blick genommen. Positive Signale gibt es schon von einigen freien Trägern — wenn die Stadt die Kosten für Um- und Anbauten übernimmt. Die Verwaltung will in der Sitzung zum aktuellen Stand der Gespräche berichten. Vorab sehen die Überlegungen so aus:
In Tönisberg muss die Kita St. Antonius saniert und ausgebaut werden — allein schon, um die bisherigen zwei Gruppen zu erhalten (die WZ berichtete). Eine Erweiterung der städtischen Kita Schlösschen um eine Gruppe ist in den Räumen der Grundschule möglich. Im Kempener Norden könnten Christ-König, Regenbogen und Kleine Hände um je eine Gruppe erweitert werden.
Im Kempener Süden haben die Planungen zur Erweiterung der Kita Spatzennest um eine Gruppe bereits begonnen. Die sechste Gruppe soll dort im Sommer eröffnet werden. Die Kita Hermann-Josef könnte um ein bis zwei Gruppen wachsen. Für die Kita Pusteblume in St. Peter könnte sich die Stadt einen Neubau vorstellen. In der Einrichtung „Unter den Weiden“ sind Sanierungsmaßnahmen notwendig.
In St. Hubert könnten in den Kitas Tabaluga, die unter anderem energetisch verbessert werden müsste, und St. Raphael je eine weitere Gruppe entstehen. Baulich müsste auch in den Kitas Lupilus und Bärenstark etwas passieren. In der Kita Bärenstark gibt es so massive Probleme mit Feuchtigkeit, dass das Hochbauamt unter Umständen einen Neubau für sinnvoller hält.
Noch gilt es also verschiedene Entscheidungen zu treffen. Daher kann die Stadt zu den Gesamtkosten noch keine konkreten Angaben machen. Die Kämmerei weist aber darauf hin, dass „die geplanten Maßnahmen im Kita-Bereich zu einer erheblichen (Mehr-) Belastung in Millionenhöhe des Ergebnishaushaltes führen werden“. Aus Sicht der Kämmerei ist nicht hinreichend dargelegt, dass es keine anderen, nachhaltigeren Handlungsalternativen gibt. Zum Beispiel werden hier der Neubau einer städtischen Kita im Zuge eines Investorenmodells genannt, bei dem ein externer Bauträger die Errichtung oder dazu auch die dauerhafte Bewirtschaftung des Objektes übernimmt. Nach Auskunft eines potenziellen Investors könnte eine neue Kita innerhalb von neun Monaten schlüsselfertig errichtet werden. Inklusive Planungszeitraum wäre nach diesem Modell daher eine neue Kita innerhalb von zwölf Monaten realisierbar. Die Kosten würden zirka 500 000 Euro je Gruppe betragen. Die Planung einer vierzügigen Kita würde rund zwei Millionen Euro kosten.
Im Hinblick auf die notwendige Unterstützung der freien Träger bei der Umsetzung von Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen hat die Kämmerei darauf aufmerksam gemacht, dass hohe Zuschüsse für freie Träger in drei aufeinander folgenden Steuerjahren „EU-beihilferechtlich“ Probleme aufwerfen — besonders bei einem Zuschuss von mehr als 500 000 Euro könnte es problematisch werden. Bevor Vereinbarungen verbindlich festgelegt werden, müsste dies durch die Kämmerei und den Steuerberater geprüft und als vereinbar bewertet wurde.
Politik und Verwaltung müssen nun beraten und entscheiden, ob die Bedarfsdeckung durch freie Träger erfolgen soll oder ob die Errichtung eigener Neubauten, Erweiterungen und Ausbauten sinnvoller ist. „Die Beantwortung dieser Frage hängt von den eigenen beziehungsweise selbst eingeräumten Realisierungsmöglichkeiten ab, die noch nicht abschließend geklärt sind“, heißt es in der Vorlage.
In der Sitzung soll nun die Politik die Verwaltung beauftragen, eine Ausbauplanung zu erstellen. Zudem sollen beim Land Anträge auf Förderung vorsorglich gestellt werden.
Der Jugendhilfeausschuss tagt am Donnerstag, 23. November, ab 18 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses.