Kreis Viersen Rio nein — Tokio vielleicht schon

Heute beginnen in Brasilien die Olympischen Spiele. Sportler aus dem Kreis Viersen werden nicht dabei sein.

Foto: Lübke, Bischof (2), DHB, dpa

Kempen/Kreis Viersen. Wenn heute Nacht die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro zelebriert wird, sitzt Amelie Kleinmanns vor dem Fernseher. Gerne wäre die Sportschützin dabei gewesen, hatte das Ziel Brasilien fest im Visier. Letztlich reichte es bei der Kempenerin nicht für die Qualifikation. „Ich blicke jetzt mit einem lachenden und einem weinenden Auge rüber“, sagt die 27-Jährige, die für den SC Tell Schmalbroich aktiv ist. Jetzt drücke sie den anderen deutschen Startern die Daumen. „Außerdem motiviert es mich weiter zu kämpfen, wenn ich die Bilder sehe“, sagt Kleinmanns. Die Chance zu Olympia, am besten 2020 in Tokio, zu kommen, gebe es bestimmt noch einmal. Sportschützen könnten meist länger auf hohem Niveau auftreten als Akteure anderer Disziplinen.

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Angelika Feller, Vorsitzende des Sportbundes im Kreis Viersen

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Die Qualifikation, an der Kleinmanns scheiterte, hat einen extrem komplizierten Modus, wie ihn wohl nur Sportfunktionäre erfinden können. Jedes Land kann in den Jahren vor Olympia in den einzelnen Schieß-Klassen maximal zwei Startplätze erwerben. Ob so tatsächlich die besten Sportler antreten, steht aus Sicht vieler Experten auf einem anderen Blatt. Denn bei Ländern mit vielen Top-Athleten müssen zwangsläufig gute Leute zu Hause bleiben.

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Der deutsche Verband hat seine Platzvergabe orientiert an Finalteilnahmen bei großen Turnieren. Kleinmanns, die mit dem Kleinkaliber und dem Luftgewehr schießt, hat diese Finals knapp oder verletzungsbedingt verpasst. Ihr Fokus liegt schon auf neuen Herausforderungen. „Das olympische Finale im Schießen mit dem Luftgewehr werde ich wohl nicht gucken können“, sagt die Kempenerin. Dann nimmt sie nämlich an einem Turnier in München teil, damit sie nächstes Jahr wieder für die Nationalauswahl schießen darf.

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Kleinmanns ist die einzige im Kreis Viersen aktive Einzelsportlerin, die ernsthafte Ambitionen auf Rio hatte. Im Handball könnte man noch die Kempenerin Anna Loerper aufzählen. Das Nationalteam um die Handballerin des Jahres 2015 scheiterte allerdings an der Qualifikation.

Warum der Kreis Viersen keine Olympia-Starter hat, glaubt Angelika Feller zu wissen. Sie ist Vorsitzende des Kreis-Sportbunds. „Viele Talente wechseln zu größeren Vereinen“, sagt Feller. So gehe es für viele Leichtathleten zur Talentschmiede von Bayer Leverkusen. Dort trainieren Stars wie Speerwurf-Weltmeisterin Katharina Molitor.

Einen ähnlichen Weg ist jetzt Mohamed Mohumed gegangen. Der deutsche U-18-Meister im 3000-Meter-Lauf, der zudem im Juli den vierten Platz bei der Junioren-EM in dieser Disziplin holte, wechselt vom VfL Willich zu Bayer Uerdingen. Dort möchte er das Ziel Olympia 2020 erreichen. Hoffnungsträger wie ihn bringt der Kreis Viersen immer wieder hervor. Aktuell sorgt auch die 19—Jährige Dressurreiterin Anna-Christina Abbelen aus Kempen für Aufsehen.

Die starken Nachwuchskräfte seien der guten Jugendarbeit der örtlichen Vereine zu verdanken, sagt Feller. Auch ihr Verband bemüht sich, Talente zu finden. „In den Schulen machen wir sportmotorische Tests“, sagt Feller. Dabei würden immer wieder junge Leute mit Potenzial auffallen.

Eine junge Frau mit Potenzial ist auch Handballerin Annika Ingenpaß. Die Grefratherin machte jüngst als eine der besten Spielerinnen der U 20-WM in Russland auf sich aufmerksam. Mit dem deutschen Team schaffte es die Kreisläuferin bis ins Halbfinale — am Ende reichte es zu Platz vier. Für Ingenpaß geht es jetzt nach Süddeutschland, wo sie als Teamkameradin von Anna Loerper beim Vize-Meister TuS Metzingen antreten wird. Wenn Ingenpaß sich in dieser starken Mannschaft durchsetzen sollte, stünde auch einer Karriere in der A-Nationalmannschaft nicht viel im Wege. Und dann könnte es 2020 nach Tokio gehen — oder eben 2024 in die Stadt, die den Zuschlag bekommt: Los Angeles, Budapest, Rom oder Paris.