Tönisvorst fehlen die eigenen Gewerbeflächen

Probleme mit den Eigentümern lassen die Projekte an der Mühlenstraße und im Bereich Höhenhöfe weiter stocken. Über diese Entwicklung sprach die WZ mit Wirtschaftsförderer Markus Hergett.

Foto: Friedhelm Reimann

Tönivorst. Während in der Nachbarstadt Willich mal wieder über die Erweiterung der Gewerbeflächen nachgedacht wird, tat sich in dieser Beziehung in Tönisvorst zuletzt wenig. Doch wie sehen die Planungen aus? Darüber sprach die Westdeutsche Zeitung mit Markus Hergett, Wirtschaftsförderer der Stadt.

Wie ist der Ausblick an zusätzlichen Gewerbeflächen in diesem Jahr?

Markus Hergett: Weiter in der Entwicklung befindet sich das Gewerbegebiet Mühlenstraße. Hier arbeiten Politik als auch die Verwaltung an diesem wichtigen Projekt. Dort könnten rund 20 000 Quadratmeter an Flächen auf dem früheren Cray-Valley-Gelände reaktiviert werden. Leider bearbeitet der Eigentümer, die Total Deutschland, das Projekt eher zögerlich, so dass die weitere Entwicklung noch etwas Zeit braucht. Es erweist sich als nachteilig, dass die Stadt über keine eigenen Gewerbeflächen mehr verfügt und daher auf die Flächen von Privaten angewiesen ist.

Was erhofft man sich eventuell vom neuen Regionalplan, wenn den Vorstellungen von Rat und Verwaltung gefolgt wird?

Hergett: Die Stadt Tönisvorst und die örtliche Politik setzen für die nächsten Jahre große Hoffnungen in die Planungen des Gebietes südlich des Südrings, denn die Flächen liegen dort in der günstigeren Wasserschutzzone III B. Es handelt sich um eine Bruttofläche von 33 Hektar. Derzeit ist dort noch Ackerland, das mehreren Eigentümern gehört. Eine gewerbliche Entwicklung dort würde es ermöglichen, örtlichen Unternehmen mit entsprechenden Nutzungen ein Wachstum zu ermöglichen und Neuansiedlungen voran zu bringen. Die Beschränkungen der bis zu zehn Hektar großen Flächen an den Höhenhöfen (Wasserschutzzone III A) und die jüngsten zeitlichen Verzögerungen durch einen Eigentümerwechsel zu einer Frankfurter Fonds-Gesellschaft haben dagegen Ansiedlungen und Umsiedlungen zum Stocken gebracht. Und in einigen Fällen, mit Blick auf die Wasserschutzzone, auch verhindert. Wir hatten schon einige Interessenten.

Wie viel Betriebe waren vor etwa zehn Jahren in Tönisvorst mit wie viel Arbeitsplätzen angesiedelt?

Hergett: Die absolute Zahl der Betriebe habe nur eine geringe Aussagekraft. Denn es sind darunter viele Gesellschaften, die kein zusätzliches Personal haben oder nur als Projekt- oder Objektgesellschaften arbeiten. Deshalb möchte ich mich auf die Entwicklung der Gesamtbeschäftigtenzahl konzentrieren. Hier stehen verlässliche statistische Werte der Bundesagentur für Arbeit für die letzten Jahre zur Verfügung. 2004 hatten wir in Tönisvorst exakt 5657 Beschäftigte tätig.

Wie viel Arbeitsplätze sind dies heute, könnten es voraussichtlich bis Ende des Jahres sein?

Hergett: Im Jahre 2014 waren es schon 7300 Arbeitsplätze — das ist ein Zuwachs von gut 29 Prozent. Genauer hingeschaut, fällt hier auf, dass es vor allem zu einem Wachstum im sogenannten „tertiären Sektor“ gekommen ist. Das ist der Bereich, in dem vor allem Dienstleistungen erbracht werden. Das Wachstum der letzten Jahre ist aber auch bundesweit zu sehen. Während das verarbeitende Gewerbe, hier bezogen auf detailliert vorliegende Zahlen der Jahre zwischen 2008 und 2014, moderat in Tönisvorst um rund 90 Beschäftigte zugelegt hat, haben wir alleine im Gesundheits-, Sozial-, Logistikbereich, Dienstleistungen wirtschaftlicher Art und Finanzdienstleistungsbereich Zuwächse von rund 900 Beschäftigten zu verzeichnen.

Wie ist die Stadt mit Blick auf modernen Internet-Handel technisch ausgestattet?

Hergett: Tönisvorst positioniert sich im Hinblick auf das Thema „Handel und Industrie 4.0“, vor allem auch mit Blick auf die Verfügbarkeit von Breitband. Ich verweise nur auf den Ausbau des Telekom-VDSL-Netzes im letzten Jahr. Für Sonderanwendungen im Breitbandbereich ist es möglich, durch eine Kooperation mit dem Technologie- und Gründerzentrum des Kreises Viersen, auf Anfrage auch Bandbreiten für kommerzielle Anwendungen im Bereich von mehr als 100 MBit bereitzustellen. Aktuell laufen Prüfungen, die nicht ganz so gute Versorgung den Außenbereiche durch den Einsatz von Fördermitteln zu verbessern.

Wie sieht es mit dem Leerständen in St. Tönis und Vorst aus?

Hergett: Diese Frage macht eine Differenzierung nach den beiden Ortsteilen St. Tönis und Vorst notwendig. In St. Tönis ist der Vermietungsgrad hoch, es gibt natürlich auch dort Leerstände. Das Online-Geschäft setzt alle Innenstadtlagen unter Druck, nicht nur in Tönisvorst. Die erfolgreiche Ansiedlung des Drogeriemarktes dm hat zu einer Zunahme der Frequenz im Bereich Neuer Markt geführt und stützt die Frequenz auf der Hochstraße. Es ist wichtig, dass die Bürger das sehr gute Angebot in der Innenstadt nutzen und dort lokal ihre Bedürfnisse decken. Durch den Online-Handel ist der Einzelhandel unter Druck, hat aber auch die Chance, durch Service und neue Konzepte zu punkten. Einkäufe, die heute nicht in den Innenstädten getätigt werden, haben direkten Einfluss auf das Angebot von Morgen. Die Wirtschaftsförderung ist in engem Kontakt mit den Gewerbetreibenden und wird in Projekte eingebunden.

Und in Vorst?

Hergett: In Vorst gibt es ein gutes, häufig inhabergeführtes Angebot der Grundversorgung. Vorst Aktiv macht dort als Werbegemeinschaft eine sehr gute Arbeit und ist sehr eng mit der Wirtschaftsförderung vernetzt. Es ist für die Gewerbetreibenden hier auch sehr wichtig, dass die Bürger wenn möglich ihren Bedarf vor Ort decken, um auch in Zukunft noch entsprechende Angebotsstrukturen zu haben. Einzelne Leerstände werden nicht vermeidbar sein. Nicht alle Ladenlokale, die im Angebot sind, genügen noch den Anforderungen der Gewerbetreibenden.

Wird es die Aktion „Heimat Shoppen“ weiter geben?

Hergett: Ja, in diesem Jahr ist eine große Plakataktion in ganz Tönisvorst unter Federführung der Wirtschaftsförderung in Vorbereitung. Die Aktion bleibt wichtig und kann dafür sorgen, dass die Menschen verstärkt in ihren Orten und nicht im Netz einkaufen.