Kempen Wird Burg zum zweiten Rathaus?
Der Stadtrat soll im Oktober über einen möglichen Kauf entscheiden. Aber auch neun Investoren haben ihr Interesse bekundet.
Kempen. Wird die kurkölnische Landesburg in Kempen zu einem zweiten Rathaus? Bürgermeister Volker Rübo will eine entsprechende Nutzung durch die Stadt nicht ausschließen. Denn das monatelange Markterkundungsverfahren, durch das mögliche Investoren gefunden werden sollten, ist zumindest in Teilen „ernüchternd“ verlaufen, wie Rübo am Dienstag bei der Vorstellung der Ergebnisse erläuterte.
50 Rückläufer und Interessenten hatte es insgesamt in dem Verfahren, das vom Dortmunder Büro Assmann durchgeführt wurde, gegeben. Neun davon blieben nach fünf Ortsterminen übrig, die „ein gewisses Interesse“ an der Burg bekundet hätten, sagte Rübo. Vier davon kommen aus der Region, je zwei aus dem Raum Aachen und dem Raum Düsseldorf und einer aus dem Bergischen Land.
Wie Jost Dewald, Projektleiter bei Assmann, weiter erläuterte, könnten sich acht Interessenten Gastronomie, sieben Wohnungen und Büros in dem denkmalgeschützten Gebäude vorstellen. Auch Kultur und Gesundheitswesen (je fünf) sowie Handel und Gewerbe (je drei) wurden genannt.
Für ein Hotel, lange Zeit die Wunschvorstellung vieler Kempener, scheint die Immobilie aus Sicht von Experten dagegen nicht geeignet zu sein. Was auch am Standort liegt. Laut Jost Dewald habe ein Hotel-Beratungsunternehmen mit Sitz in NRW auf Nachfrage erklärt: „Es fehlt am Niederrhein an Übernachtungen.“ Falls überhaupt, komme es nur als Privathotel in Frage.
Generell schränkten die geringe Größe der Burg und die reduzierten Erweiterungsmöglichkeiten den Markt ein, sagte Dewald. Denn hierdurch sei das Investitionsvolumen zu gering. Auch sei Kempen kein vorrangiger Investitionsstandort. Der bauliche Zustand des Gebäudes sei dagegen in Ordnung.
„Wird das der Burg gerecht?“, fragte der Kempener Bürgermeister mit Blick auf die vorliegenden Nutzungsideen. Und beantwortet sich die Frage gleich selbst: „Die Burg verträgt keine Experimente.“ Nach bereits erfolgter Rücksprache mit den Fraktionsvorsitzenden im Kempener Rat soll daher geprüft werden, ob eine Übernahme der Immobilie durch die Stadt Kempen in Betracht kommt.
Bislang gehört die Burg dem Kreis Viersen, der darin das Kreisarchiv angesiedelt hat. Doch Landrat Andreas Coenen möchte das Archiv in einen Neubau an einem anderen Standort umsiedeln. Fördermittel in Höhe von 5,1 Millionen Euro müssten dafür bis 2020 abgerufen werden.
Erst nach dem Auszug des Kreisarchivs käme die Stadt Kempen zum Zuge. 1250 Quadratmeter Nutzfläche stehen in der Burg zur Verfügung. Dies würde reichen, um in großen Teilen die Absicht zu verwirklichen, die bislang ausgelagerten Verwaltungssitze (zum Beispiel das Jugendamt in St. Hubert) an einem Standort zusammenzuziehen. Auch Gastronomie könnte es dort geben — eventuell ergänzt durch einen Glasanbau. Außerdem müsste die Burg durch einen Aufzug barrierefrei gemacht werden.
Mit Blick auf den weiteren Zeitplan erklärte Rübo, dass noch im Oktober im Stadtrat eine Grundsatzentscheidung fallen sollte. Bis dahin soll das Dortmunder Büro Assmann eine Prüfung der Nutzung durch die Stadt samt der notwendigen Kostenanalyse vorlegen. Rübo räumte gleichzeitig ein, dass eine Übernahme zu einer zeitlichen Verschiebung der anstehenden Sanierung des Rathauses am Buttermarkt führen werde.
Der Landrat kündigte an, der Preis für die Burg werde für die Stadt „wirtschaftlich angemessenen“ sein: „Das kriegen wir hin.“