Kempen Zum Fliegenfischen in die Eifel
Uschi und Bernhard Dodier frönen einer Leidenschaft, die schon Hollywood thematisiert hat.
Kempen. Vor mehr als 50 Jahren stand ein Zehnjähriger an der Loire und warf seine Bambus-angel nach Anweisung seines Großvaters aus. Kleine Fische waren die Ausbeute, die die Großmutter kross in der Pfanne briet. „Einfach lecker“, schwärmt der ehemals kleine Junge noch heute. Und noch immer faszinieren ihn die Fragen: Wo ist der Fisch? Wie kriege ich ihn?
Vor etwa 13 Jahren saß eine Frau vor dem Fernseher und sah sich den Film „Aus der Mitte entspringt ein Fluß“ von Robert Redford an. Die Geschichte: Zwei Brüder, die grundverschieden sind, die Liebe zum Fliegenfischen aber eint sie. „Das ist es, dachte ich damals. Doch ich kannte keinen Menschen, der so was macht“, sagt sie heute.
Das sollte sich bei einem Fest der Telefonseelsorge in Krefeld ändern. „Wir saßen als Kollegen zusammen und ich berichtete von meinem Problem, Fliegenfischen zu wollen, aber nicht zu wissen, wo und wie. Da sagte er: ,Komm doch mal mit’“, erzählt Uschi Dodier. „Er“ ist Bernard Dodier, seit knapp einem Jahr ihr Mann.
Das Paar wohnt in Kempen und frönt zusammen seiner Leidenschaft fürs Fliegenfischen. Dazu fährt es regelmäßig in die Eifel in die Nähe von Gemünd, wo es vier Kilometer der Urft gepachtet hat. Ein fließendes Gewässer mit Bach- und Regenbogenforellen, Äschen, Saibling und Neunaugen. Letztere seien zwar geschützt und zu klein zum Fischen, zeugten aber von einer guten Wasserqualität, sagt Bernard Dodier.
Für eine Grundausstattung benötigt der Hobby-Angler etwa 700 Euro. Stiefel, die den ganzen Oberschenkel bedecken, schließlich steht der Fliegenfischer meist im Wasser, Angel, Weste oder Tasche für die Utensilien wie Kescher, Fischtöter und Köder.
Köder — in diesem Fall alles, was über Wasser fliegt und auf dem Speiseplan der Fische steht. Was ein echter Fliegenfischer ist, der bindet sich seine Köder selbst. Ein abendfüllendes Programm, für manche auch ein eigenes Hobby. Uschi Dodier hat ihre Leidenschaft zunächst beim Binden ausgelebt, bevor sie mit ihrem Mann — damals noch Kollege — zum Fliegenfischen ging.
Der Haken, mit dem man die Fliege bindet, wird in einer Art Schraubstock befestigt. So stehen zwei Hände zur Verfügung, um diverse Federn und andere Materialien zu einem Insekt zu formen. Dessen Silhouette soll dann bestimmte Fische anlocken. Die Arbeitszeit beträgt für eine kleine Fliege fünf Minuten, für eine irische Lachsfliege schon mal zwei Tage.
Bevor sich das Ehepaar auf die Fahrt in die Eifel macht, wird im Internet nachgesehen, wie der Wasserstand der Urft ist. Bei Niedrig- und bei Hochwasser fällt das Fischen buchstäblich ins Wasser. Stimmen die Bedingungen, heißt es aber nicht: Ab ins Wasser und loslegen. Zunächst wird nachgeschaut, ob mit dem Gewässer und der Umgebung alles in Ordnung ist.
„Für uns ist das Fischen auch eine Einstellung. Sie hat viel mit Achtsamkeit zu tun. Es ist ein kostbares Stück Natur, das ich zu schützen habe“, sagt Uschi Dodier. Dazu gehört auch, den Fischbestand im Auge zu behalten. Deshalb setzt das Ehepaar immer wieder heimische Arten aus, die es bei einem Züchter aus der Eifel ersteht. Daher kommt es für die Beiden nicht in Frage, einfach ins Wasser zu rennen. „Dann sind nicht nur die Fische weg, sondern man kann auch die Brut zerstören“, erklärt sie.
Um zu wissen, welcher Köder gerade angesagt ist, wird nach Fischen Ausschau gehalten und nach Insekten, die herumschwirren oder sich unter den Steinen am Flussrand befinden. Danach wird die Angel bestückt, sich vorsichtig eine Stelle im Wasser gesucht und die Angel ausgeworfen. Auch das geschieht mit Umsicht, damit man nicht plötzlich einen Labrador an der Angel hat. Das ist Uschi Dodier passiert. Hund und Halter hätten es gelassen genommen, sagt sie, da der Köder — der prinzipiell bei den Dodiers ohne Widerhaken ist — nur im Fell feststeckte.
Tanzt die Fliege auf dem Wasser, ist Geduld angesagt. Eine Zeit, die das Ehepaar nutzt, „um ganz zu sich zu finden und in sich zu ruhen“, wie Uschi Dodier erläutert. Für sie ist es nicht das Wichtigste, einen Fisch zu fangen, sondern die Natur zu genießen. „Es geht nicht darum, möglichst viel zum Essen zu fangen“, sagt Bernard Dodier.
Natürlich gehöre auch der Verzehr dazu - aber in Maßen. Bevor der Fang in der Pfanne landet, muss er so schonend wie möglich vom Haken genommen und getötet werden. Dazu bekommt er zur Betäubung einen Schlag mit dem Fischtöter auf den Kopf, dann einen Stich ins Herz. Anschließend wird er ausgenommen.
Fliegenfischen steht auch beim Urlaub von Uschi und Bernard Dodier oben an. So haben sie ihre Angeln unter anderem schon in Irland und Tschechien ausgeworfen. Auch der große Traum von Uschi Dodier hat mit ihrem Hobby und der Natur zu tun: Einmal ein Jahr auf der fernen Halbinsel Kamtschatka zu verbringen: „Ich möchte in einem Fluss stehen, auf der einen Seite fische ich, auf der anderen ein Bär.“