Kinder und Jugendliche in Nettetal Pflegeeltern dringend gesucht
Nettetal · Mehr als 60 Kinder in Nettetal leben bei einer Pflegefamilie. Zuständig für die Vermittlung ist der Pflegekinderdienst vom Sozialdienst katholischer Frauen. Das Team möchte neue mögliche Pflegeeltern finden. Was dazu zu wissen ist.
Auf rund 100 Eltern kann der SkF-Pflegekinderdienst zurückgreifen. Das sind Paare oder auch Singles, die ein fremdes Kind vorübergehend oder auf Dauer aufnehmen, betreuen und großziehen. „Man kann nie genug Eltern haben“, sagt Claudia Seidelmann, Pädagogische Leiterin des Pflegekinderdienstes in Nettetal. Denn die Kinder und neuen Eltern müssen auch zusammenpassen, je größer die Auswahl, desto besser die Erfolgsaussicht. Deswegen werden Infoabende angeboten, um neue Interessenten zu finden. Der nächste Termin ist der 18. Juni (siehe Infokasten).
Der SkF ist in zwei Städten mit dem Pflegekinderdienst engagiert. 1974 begann er damit für die Stadt Viersen, mit dem eigenen Jugendamt kam 2012 die Stadt Nettetal dazu. Für beide Städte betreut der SkF aktuell rund 130 Kinder, 66 Kinder davon aus Nettetal. Zwischen Neugeborenen und Schulkindern ist bei den Jungen und Mädchen - beide halten sich die Waage - alles dabei.
Wie kreativ diese Kinder sind, kann man in den Räumen des SkF sehen. Zum 111-jährigen Bestehen des Sozialdienstes katholischer Frauen im Kreis Viersen wurden Pflegekinder aus beiden Städten eingeladen, ihre „bunte Familie“ auf große Puzzleteile zu malen. Das Ergebnis ist ein farbenfrohes Kunstwerk, das die Vielfalt und die Liebe in ihren Familiensystemen eindrucksvoll widerspiegelt. „Jedes Puzzleteil erzählt eine eigene Geschichte. Die Kinder haben mit bunten Farben und kreativen ihre Familien dargestellt, Sie bringen zum Ausdruck, dass sie als Kind zwei Familien in sich vereinen. Dadurch fühlen sie sich stark“, erklärt Jutta Heithoff. Zum Team des Pflegekinderdienstes gehört noch Anna Stein.
Besonders berührend findet das Team einige Zitate der Kinder, die ihre Gefühle und Gedanken ausdrücken: „Nicht das Blut macht uns zur Familie, sondern die Liebe.“ Diese Worte, so die Sozialpädagoginnen, verdeutlichten, dass wahre Familienbande durch Zusammenhalt und Fürsorge füreinander geknüpft würden, unabhängig von biologischen Verbindungen.
Möglichen neuen Interessierten macht Claudia Seidelmann Mut: „Die Pflegekinder geben einem unheimlich viel zurück.“ Aber sie verschweigt auch nicht, dass diese Aufgabe immer auch eine Herausforderung sei. Mit der werde aber niemand alleine gelassen, gerade in den ersten Monaten würden die Pflegefamilien eng begleitet, Wichtig zu wissen ist auch, dass eine pädagogische Ausbildung keineswegs Voraussetzung ist. Und Pflegeeltern müssen keine eigenen Kinder haben, sie müssen nicht mal verheiratet sein. Erfahrung in der Erziehung sei natürlich immer von Vorteil. Heute sei alles möglich: Auch Singlefrauen, gleichgeschlechtliche Paare, Geschiedene oder Wiederverheiratete könnten sich auf jeden Fall bewerben. Manchmal sei es auch von Vorteil, wenn Pflegeeltern muslimischen Glaubens seien. Wenn Geschwister vorhanden sind, sollte das Pflegekind das jüngste sein. Das Team will da der Biologie nicht ins Handwerk pfuschen und das Familiengefüge durcheinander wirbeln.
Dass Kinder vorübergehend oder auf Dauer nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen können, passiert aus den verschiedensten Gründen: Manchmal sind sehr junge Eltern der Aufgabe nicht gewachsen, mal spielt Alkohol- oder Drogensucht eine Rolle, immer häufiger sind psychische Erkrankungen eines Elternteils ein Grund. Erst recht bei häuslicher Gewalt zwischen den Eltern, bei Missbrauch, Misshandlung oder Verwahrlosung werden die Kinder anders untergebracht.
Für solche Notfälle gibt es die familiäre Bereitschaftsbetreuung. Da stehen Frauen oder Paare auf Abruf bereit, einzuspringen und ein Kind vorübergehend zu übernehmen. Und dann gibt es langfristige Pflegeeltern, die ein Kind bis zur Volljährigkeit groß ziehen. Für dieses Engagement gibt es auch eine Bezahlung, aber dieses Geld sollte nie zur Finanzierung der Lebenshaltung gebraucht werden. Und es ist auch eine Offenheit gegenüber dem leiblichen Eltern nötig. Zwischen Bauch- und Herzenseltern sollte keine Konkurrenz um das Kind herrschen. Im Mittelpunkt stehe immer das Kind.