Autorin aus Lobberich Discounter-Mitarbeiterin schreibt Kinderbuch – mithilfe Künstlicher Intelligenz
Nettetal · Die Bilder hat ein Computerprogramm erstellt, die Geschichte hat Claudia Leszinski selbst geschrieben. Sie verarbeitet darin den Stress des Weihnachtsgeschäfts in ihrem Discounter-Job – und gibt Kindern eine wichtige Lehre mit.
Wer bei Claudia Leszinski klingelt, findet ihren Namen sofort: Alle Klingelschilder des Wohnhauses sind schlicht weiß, nur ihres ist mit Blumen verziert. Wer in ihr Wohnzimmer geht, sieht ein Gitter im Eingang, denn sie und ihr Lebensgefährte leben mit zwei Hunden in der Wohnung. Und wer sich auf ihre Couch setzt, guckt auf die selbst bemalte weiße Front des Fernsehschrankes. „Von den Eltern oder Großeltern kennt man diese Holzschränke aus den 50ern, wo immer die Sektgläser drin stehen“, beschreibt die 51-Jährige.
Die Idee für ihr Kinderbuch kam Leszinski im vergangenen Jahr auf dem Weg zur Arbeit, mitten in der Weihnachtszeit. Eine stressige Zeit für Mitarbeiter im Einzelhandel wie sie. Das kann auf die Stimmung drücken, auch bei ihr, obwohl sie schon seit 16 Jahren im Einzelhandel arbeitet und auch die „heftige Corona-Zeit“ mitbekommen hat.
Es sei eine Spinnerei in ihrem Kopf gewesen, als sie sich fragte: „Ob der Weihnachtsmann manchmal keinen Bock auf seinen Job hat? Oder der Osterhase?“ Die beiden seien ja schließlich auch „systemrelevant“, wie ihr Beruf während der Pandemie genannt wurde.
So formte sich die Handlung für das Kinderbuch „Wie der Osterhase seine Weihnachtsmütze bekam“, dass die 51-Jährige jetzt veröffentlicht hat. Der Osterhase ist darin traurig, weil nicht alle von ihm versteckten Eier gefunden werden. In der Weihnachtszeit macht er sich auf zum Nordpol zu seinem Kollegen, dem Weihnachtsmann. Der Osterhase hilft bei den Weihnachtsvorbereitungen, kann aber nicht bleiben – wegen einer Rentierallergie. Trotzdem lernt er durch seine Reise, selbst wenn nicht alles perfekt läuft: Jedes Ei, das gefunden wird und einem Menschen Freude bereitet, ist ein kleiner Erfolg. Kleine Erfolge sollten motivieren, findet sie und beherzigt diese Lehre auch für ihren Hauptberuf im Discounter.
Das Buch soll unterhalten, aber auch in der Erziehung unterstützen: „Kinder sind ja schnell entmutigt, zumindest war es bei meinen früher so“, sagt die dreifache Mutter (17, 25 und 26). Aufgewachsen ist Leszinski in Mönchengladbach, lebt aber seit 20 Jahre in Nettetal; zunächst mit ihrem damaligen Ehemann in einem Haus. Dann kam die Trennung, seit inzwischen sechs Jahren hat sie die Wohnung mit dem blumigen Klingelschild, dem Wohnzimmer mit Hundegitter und den aufgepimpten Sektschränken.
Rund ein Dreivierteljahr hat sie an den Wochenenden und nach Feierabend an dem Buch gearbeitet. „Die Geschichte hatte ich schnell zusammen, aber die Bilder waren das Aufwendigste.“ Die 51-Jährige hat alle Illustrationen von einem Programm mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstellen lassen. Das funktioniert über sogenannte „Prompts“ – Nutzer beschreiben in einer Nachricht, wie das Bild aussehen soll, das Programm erstellt es dann. Damit ist inzwischen Vieles möglich, „Gedanken lesen kann die KI aber noch nicht“, schmunzelt Leszinski. Die Autorin hat sich dem Umgang mit KI durch YouTube-Videos selbst beigebracht.
„Wenn ich einmal eine Idee habe, muss die auch direkt umgesetzt werden“, sagt sie über sich selbst. Das erklärt, warum sie das Projekt zwischengeschoben hat, denn eigentlich arbeitet sie an einem Roman. Es soll um eine problematische Beziehung gehen, in der der Mann Opfer von häuslicher Gewalt wird.
Die 51-Jährige ist bei keinem Verlag, vertreibt direkt über Amazon. Die gelernte Bürokauffrau weiß, dass künstliche Intelligenz oft kritisch gesehen wird, blickt aber pragmatisch darauf: „Ich mache das in meiner Freizeit und kann keine Profis für die Illustrationen bezahlen. Ohne KI hätte ich das Kinderbuch nicht veröffentlichen können.“
Leszinski hat die KI bewusst altmodischere Bilder generieren lassen: „Ich wollte keinen Disney-Stil, sondern diesen Touch aus den 70ern“ – eher, wie sie es von früher kennt. Die 51-Jährige sagt: „Ich mache das vor allem für mich, ich will nicht reich und berühmt werden.“ Spaß an den Kinderbüchern hat sie aber gefunden. Anfang 2025 soll schon das nächste erscheinen: Es geht um ein Alpaka, das seinen Bauernhof rettet.