Unternehmen Hassinger in Nettetal Hier blühen Orchideen für die ganze Welt

Nettetal-Schaag · Eine der größten Orchideenzuchten Europas liegt in Nettetal: Im Betrieb der Familie Hassinger werden 2000 verschiedene Sorten getestet – und viele davon weltweit vertrieben. Ein Besuch im Blumenparadies.

Hans und Jasmin Hassinger prüfen im Gewächshaus die Entwicklung einer Orchidee.

Foto: Uli Rentzsch

Klimatische Bedingungen wie in den Regenwäldern in Südostasiens herrschen im tiefen Südwesten Nettetals. Es ist feucht, es ist warm. Und genau das mag die Schmetterlingsorchidee, die Phalaenopsis. Hier im Happelter stehen die Gewächshäuser des Familienbetriebes Hassinger, der größten professionellen Orchideenzucht in ganz Deutschland und damit auch einer der vier größten Betriebe in ganz Europa. Mehrere Gewächshäuser, unterschiedliche Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten – genau abgestimmt auf den jeweiligen Entwicklungsstand der Orchidee. Zurzeit sind 600 Sorten in der Produktion, im Aufbau und in der Testung insgesamt 2000.

1947 hatte Johann Hassinger einen Betrieb für Gemüse- und Zierpflanzen gegründet, der später zum Gartencenter in Nieder-Olm, nahe Mainz, im Herzen Rheinhessens, umgebaut wurde. Man expandierte und gründete auch in Niederaußem einen Betrieb für die Orchideenproduktion. Durch den guten Kontakt zum hiesigen Gartenbaubetrieb Beeren stand das Angebot im Raum, diesen Betrieb zu übernehmen. Das war 2019. Zeitlich parallel dazu wurde der politische Wille umgesetzt, die Blöcke des Braunkohlekraftwerks in Niederaußem nach und nach abzuschalten. Mit Folgen für den Betrieb Hassinger: Für die weitere Energieversorgung wären hohe Investitionen notwendig gewesen. Besichtigungen und Gespräche im Happelter, die Übergabe erfolgte früher als gedacht: Während der Corona-Pandemie gestaltete die Familie Hassinger die Räume nach ihren Bedürfnissen um. „Ein Betrieb mit guter Substanz und mehreren Einheiten, die wir für die unterschiedlichen Klimabereiche benötigen, die Nähe zum europäischen Umschlagplatz Landgard in Herongen und auch zu den Kunden in den Niederlanden waren Pluspunkte für uns“, sagt Hans Hassinger, der zusammen mit seinem Bruder Roland das Unternehmen führt. Seit 2021 ist der Standort im Happelter nun Hauptsitz der Familie Hassinger.

Einen gründlichen Überblick über die Vielfalt der Orchideenproduktion bekommt man auf der Internetseite www.blattpost.de. Hier stellt sich Jasmin Hassinger vor. Sie präsentiert zusammen mit ihrer Schwester Iris die dritte Generation der Familie Hassinger. Aktuell wird die Weitergabe der Geschäfte in Jasmins Hände vorbereitet.

Vereinfacht gesagt: Im Happelter werden neue Orchideensorten gezüchtet – neue Farben, neue Formen. „Um eine neue Sorte auf den Markt zu bringen, brauchen wir etwa sechs bis acht Jahre“, erklärt Hans Hassinger. Ein langer Prozess: Kreuzen der Orchideen, aus den Sämlingen die gewünschten Pflanzen selektieren, Zellteilung im Labor – das Ergebnis ist eine reine Sorte. Zum Prozess gehören auch Tests hinsichtlich der Haltbarkeit und der Stressresilienz. „Stress hat die Orchidee, wenn sie das Gewächshaus verlässt und beispielsweise in ein Blumengeschäft kommt: Transport, Tür auf, Tür zu, Licht, Temperatur. Die Pflanze fühlt sich erst wieder auf ihrem Platz auf der Fensterbank wohl“, fasst Hans Hassinger zusammen. Das Prinzip: „Wir liefern die kleinen Pflanzen, die Gärtnereien kultivieren die Orchideen zur verkaufsfertigen Pflanze.“

Mitte Juni präsentierte sich das Unternehmen an einem Wochenende an einem Tag der offenen Tür. Bei dieser Gelegenheit konnten die Besucherinnen und Besucher diese außergewöhnlichen Pflanzen auch käuflich erwerben. Und obwohl ab Oktober ein Werkverkauf jeweils am ersten Wochenende im Monat auf dem Gelände im Happelter geplant ist, gehört in erster Linie die typische Gärtnerei zum Kundenstamm. „Wir liefern praktisch in die ganze Welt, ganz stark aber auch in die Niederlande und in Deutschland“, erklärt Hans Hassinger.

„Wenn wir Messen besuchen, pflegen wir natürlich unsere Kontakte zum Handel“, sagt Jasmin Hassinger, „hier hören wir zu und erfahren, was gewünscht wird.“ Und das kann durchaus sehr unterschiedlich sein. Der Kunde, der die Orchidee im Geschäft kauft, lege besonderen Wert auf die Farbe, eventuell auch auf die Größe der Blüte. Für den Handel allerdings sei die Höhe der Pflanze ein wichtiges Kriterium, ebenso die Haltbarkeit und der verlustfreie Transport der Pflanze. Der Produzent lege Wert auf schnelles Wachstum, auf eine gesunde und produktive Pflanze. So erreiche man eine sehr hohe Qualität. So hat jede Stufe individuelle Ansprüche. „Wir, sozusagen als erstes Glied in der Kette, wollen erreichen, dass wir diese Ansprüche bedienen können.“ Heute sei vor allem wichtig, dass die Pflanze gesund bleibt – auch bei Verzicht auf Pflanzenschutzmittel.