Motorsport in Nettetal Hinsbecks Renn-As schaffte Zwölf-Meter-Sprünge mit dem Motorrad

Nettetal-Hinsbeck · Es klingt sagenhaft: Mit 260 km/h sausten Hinsbecker Motorradfahrer einst Richtung Herongen und vollführten auch noch andere Kunststücke. Organisiert waren sie im 1949 von Kfz-Meister und Fahrlehrer Kurt Jäckel gegründeten Motor-Club (MC) Hinsbeck 49.

Das Foto entstand um das Jahr 1951 und zeigt Aktive des MC Hinsbeck vor der Werkstatt in der Bieth: (von links) ein unbekanntes Mitglied, Willi Winkels, Franz Rüter. Im Vordergrund die Rennmaschine von Kurt Jäckel.

Foto: Heinz Koch

In Hinsbeck gab es bis zum Zweiten Weltkrieg nur wenige Automobile, sodass auch die Zahl der noch handbetriebenen Benzin-Pumpensäulen gering war. Eine dieser Pumpensäulen, inklusive einer Fahrrad-, Auto- und Motorrad-Reparaturwerkstatt, betrieb Hans Hüskes im Eckhaus der damaligen Straße Bieth (heute Obere Landstraße)/Grefrather Straße. Nach seinem Tod 1948 übernahm der aus Kotzenau/Niederschlesien stammende Kfz-Meister und Fahrlehrer Kurt Jäckel (1908 - 1998) das Gewerbe. Er war vor dem Zweiten Weltkrieg Werksfahrer der Firma NSU und hatte an internationalen Motorradrennen teilgenommen. 1951 erbaute er die erste Hinsbeck Aral-Tankstelle am Marienheim, wohin auch Reparaturwerkstatt und Fahrschule verlegt wurden.

Jäckel trat noch bis 1958 als Privatfahrer auch bei großen Rennen, zum Beispiel in Assen und Spa, auf dem Hockenheimring, in Stuttgart und auf der Berliner Avus, gegen internationale Konkurrenz an. Er fuhr zunächst eine 250er-NSU, später eine englische 350er HJL, die mit reinem Benzol betrieben wurden und eine Spitzengeschwindigkeit von fast 260 km/h erreichten.

Als begeisterter Motorradfahrer suchte und fand er in der Hinsbecker Jugend Gleichgesinnte und gründete 1949 den MC-Hinsbeck 49. Erster Vorsitzender wurde er zunächst selbst, ihm folgte 1950 Franz Bonzelet. Vize-Vorsitzender wurde Paul Minnaert, Schriftführer Günter Leven und Kassierer Hans-Theo Schommer. Der Verein hatte rund 20 Mitglieder, darunter Willi Winkels, Eduard Minnaert, Heinrich Linsen, Rudi Höfels und Heinz Heußen.

Die Mitglieder des MC Hinsbeck fuhren mit ihren privaten Motorrädern wie zum Beispiel einer 200er DKW, 200er NSU, Triumph, Adler, Fox 98 oder NSU-Quick. Nach den Rennen waren die Maschinen meist leicht lädiert, was in Handarbeit in der Werkstatt von Jäckel repariert wurde.

Problematischer war das Renntraining. Es wurde, insbesondere für die Rennmaschine von Jäckel, meist auf der schnurgeraden, aus Betonplatten bestehenden Straße zwischen Tor 9 und Herongen absolviert, die hohe Geschwindigkeiten zuließ. Am Anfang und am Ende der Trainingsstrecke hielten die anderen MC-Mitglieder die wenigen Fahrzeuge an oder warnten sie vor dem Rennmotorrad, sodass diese bis zur Spitzengeschwindigkeit ausgefahren werden konnten.

Die Veranstaltungen des MC Hinsbeck fanden auf der Rennbahn des Reitervereins „Lützow“ auf den Hinsbecker Höhen statt, teilnehmen konnten neben den MC-Mitgliedern auch Gäste. So traten im Mai 1950 60 Fahrer (aus Hinsbeck, Lobberich, Krefeld, Dülken, Kaldenhausen sowie 15 Fahrer eines Vereins aus Wegberg), im Mai 1953 sogar 80 Fahrer an. Neben Geschicklichkeits- und Hindernisfahren im Gelände wurden Fuchsjagden ausgefahren und ein Motorradsprung veranstaltet, wo Jäckel Weiten von zehn bis zwölf Metern erreichte.

Nach einer Notiz vom November 1953 gingen die Rennen über fünf Runden zu je rund 600 Metern, wobei die gefährlichsten Stellen mit Strohballen abgesichert wurden. Gestartet wurde in den Hubraumklassen 100, 150, 250 und 350 Kubikmeter, hinzu kam ein Rennen mit Seitenwagen. Kurt Jäckel gab dabei seinen Gegnern oft eine Runde Vorsprung und schaffte es doch fast immer, als erster das Ziel zu erreichen. Die Begeisterung der jeweils 400 bis 500 Besucher war immer groß, von Unfällen wurde nie berichtet.

Im September 1952 kam es zur Gründung der IG Motorfreunde Grenzland, wozu Motorsportclubs aus Kempen, Oedt, Süchteln, Dülken, Hinsbeck, Lobberich und Wegberg gehörten. Ein Jahr später trug die IG Grenzland auf den Hinsbecker Höhen ihren ersten Meisterschaftslauf aus. Die Rheinische Post berichtete: „2.500 Zuschauer säumten den Rennplatz und hatten vor allem Gelegenheit, Hinsbecks Renn-Ass, Kurt Jäckel, zu beklatschen. Mit überlegener Fahrtechnik, mitunter fast über der Maschine schwebend, heimste er die dicken Siegerkränze mit den bunten Schleifen ein.“