Blick in die Vergangenheit Wie Nettetal einen Militärflughafen bekam und wie er heute verwendet wird

Nettetal · Die Geschichte des Fliegerhorstes Venlo ist geprägt vom deutsch-niederländischen Austausch und einem dunklen Kapitel von Bauarbeiten in der Nazi-Zeit. Inzwischen wird er für das zivile Leben auf unterschiedliche Arten verwendet.

 „Wir Gedenken“ ist die Inschrift der Stele des Mahnmals am Tor 9 des Fliegerhorsts Venlo, an der Seite zweisprachigen Informationstafeln.

„Wir Gedenken“ ist die Inschrift der Stele des Mahnmals am Tor 9 des Fliegerhorsts Venlo, an der Seite zweisprachigen Informationstafeln.

Foto: Heinz Koch

Im Grenzgebiet zu den Niederlanden, zwischen den Städten Nettetal-Leuth, Straelen-Herongen und Venlo, befindet sich das beliebte Ausflugsgebiet Tor 9, ein rund 30 Quadratkilometer großes Naturschutzgebiet. Der Name bezieht sich auf den deutschen Fliegerhorst Venlo, der hier im 2. Weltkrieg lag und mehrere Zugänge hatte – einer war das Tor 9. Noch heute zeugen über die Fläche verstreute Trümmer der ehemaligen Flugzeughallen und Flakstationen von dieser Zeit.

Ab 1911 nutzte die niederländische Armee diese Fläche noch als Schieß- und Übungsgelände, 1913 richtete sie hier erste Landeplätze ein. Nach der Besetzung durch das deutsche Heer wurde das Gelände von der Reichswehr zu einem Nachtjagd-Flugplatz ausgebaut, dem Fliegerhorst Venlo. Er umfasste fast 1800 Hektar, auf denen rund 48 Kilometer Straßen sowie eine Werfthalle und 99 Flugzeughallen standen.

Dazwischen befanden sich Mannschaftsunterkünfte, Arbeitsstätten, ein Casino sowie Fußball- und Tennisspielplätze. Für den Flugbetrieb wurden aus Millionen Ziegelsteinen drei Start- und Landebahnen mit Längen von 1450 Metern und 1200 Metern inklusive einer aus etwa 2000 Lampen bestehenden elektrischen Startbahnbefeuerung angelegt. Ein dunkles Kapitel des Fliegerhorsts: Ab August 1943 wurden zum Ausbau bis zu 700 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Vught bei Eindhoven eingesetzt.

Auf dem Fliegerhorst Venlo wurde die I. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders stationiert, deren Aufgabe der Schutz des Ruhrgebietes gegen feindliche Bomberangriffe war. Hier wurden Mitte 1944 auch die ersten Jagdmaschinen mit Raketenantrieb erprobt. Im Herbst 1944 wurde der Fliegerhorst aufgegeben, wobei die drei Start- und Landebahnen von den abziehenden Deutschen selbst zerstört wurden.

Ab März 1945 nutzten amerikanische Luftwaffenverbände den geräumten Flugplatz für Einsätze gegen deutsche Bodenziele. Zu den besonderen Besuchern des Venloer Fliegerhorstes gehörten zum Beispiel die niederländische Königin Wilhelmina sowie US-Präsident Dwight D. Eisenhower und der britische Premierminister Winston Churchill. Als die US-amerikanischen Truppen den Flugplatz im September 1945 verließen, wurde die Anlage geräumt. Die Millionen Backsteine der Rollbahnen und der Straßen wurden entnommen und für die Reparatur von Kriegsschäden verwendet. Seit 1946 nutzt ein Segelflugverein einen Teil des Geländes, wobei ein alter Hangar als Unterkunft dient.

Der frühere Flugleitturm am heutigen Schaapsdijkweg in Venlo wurde zum offiziellen Denkmal erklärt und dient heute als Kletterobjekt. Ein Kommandobunker wird für Feuerwehreinsätze verwendet. Ein Teil Geländes auf der deutschen Seite diente bis in die 1980er-Jahre der Bundeswehr als Depot. Andere Teile wurden von NATO-Ländern als Truppenübungsplatz benutzt, darunter auch als Startplatz für den Senkrechtstarter Harrier.

Aus den Trümmern der einstigen Flughallen entstanden das Restaurant „Birkenhof“ sowie das Atelier van Eyck. Seit 2003 kümmert sich der „Förderverein Ehemaliger Fliegerhorst Venlo“ um den Erhalt der historischen Bau- und Bodendenkmäler beiderseits der Grenze. Ziel ist die Förderung der wissenschaftlichen Erforschung seiner Geschichte und deren Weitergabe, insbesondere in der friedenspädagogischen Erziehung.

Zur Erinnerung an ihre gefallenen Kameraden stellten ehemalige Flieger am Tor 9 das Trümmerstück einer alten Bunkerdecke als Mahnmal auf. 2005 enthüllte der Verein in der Nähe von Tor 9 eine Gedenktafel, die „an die Opfer dieses Flugplatzes erinnert, an die alliierten und deutschen Flieger, die Zivilbevölkerung und die Gefangenen und Häftlinge, die auf und in der Nähe des Flugplatzes ums Leben kamen“. 2008 folgte ein Informations- und Gedenkplatz, der exakt je zur Hälfte auf niederländischem und deutschem Boden steht.