Für Nettetals Stadtverwaltung Statt Neubau gibt’s „New Work“ im Rathaus

Nettetal · Die Hoffnung, in nächster Zeit einen Ergänzungsbau für das Rathaus hochziehen zu können, hat die Stadtverwaltung begraben. Doch Raummangel herrscht wegen des gestiegenen Personalbestands immer noch.

 Im Rathaus am Doerkesplatz ist es eng geworden: Heute arbeiten dort erheblich mehr Mitarbeiter als einst beim Einzug.

Im Rathaus am Doerkesplatz ist es eng geworden: Heute arbeiten dort erheblich mehr Mitarbeiter als einst beim Einzug.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Im Laufe eines Lebens muss man sich von manchen Träumen verabschieden. Das geht Stadtverwaltungen nicht anders. Nettetals Stadtspitze hat die lange gehegte Hoffnung, in nächster Zeit neu zu bauen und zusätzliche Räume für Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu schaffen, fürs Erste begraben. Begründung: eine „akut veränderte Lage des städtischen Haushaltes“.

Das heißt im Klartext: Je deutlicher sich herausgeschält hat, dass Nettetal in den kommenden Jahren mit millionenschweren Fehlbeträgen in der Kasse rechnen muss, desto klarer wurde, dass sich die Stadt einen Erweiterungsbau fürs Rathaus derzeit nicht leisten kann. Die Erkenntnis mag hilfreich für die Stadtfinanzen sein. Ein großes Problem löst der daaus resultierende Verzicht jedoch nicht, im Gegenteil: Die Stadtverwaltung hat in den vergangenen Jahren in erheblichem Umfang ihren Personalbestand aufgestockt und brauchte für einen Teil davon zusätzlichen Büroraum. Da der nun nicht in einem Erweiterungsbau zu haben sein wird, setzt die Stadt verschärft auf ein Konzept, das sie „New Work“ betitelt hat und das das Problem mittels Digitalisierung und flexibleren Arbeitsmöglichkeiten lösen soll.

Was Handlungsdruck auslöst, können einige wenige Zahlen verdeutlichen. Zwischen 1999 und 2024 ist die Zahl der Stellen in Stadtverwaltung und städtischem Nettebetrieb von 272,2 Stellen um 239,5 auf 511,7 Stellen erhöht worden. Alleine in den vergangenen fünf Jahren kamen mehr als 100 neue Beschäftigte hinzu. Eine Entwicklung, die der Stadtrat mit seinem Segen für die jährlich mit den Haushalten präsentierten Stellenplänen zwar letztlich abgesegnet hat – doch er hat sie in jüngerer Zeit auch zunehmend kritisch gesehen.

Zwar ist ein der Teil der neuen Mitarbeiter nicht im Rathaus, sondern in städtischen Einrichtungen wie Kindertagesstätten zu finden. Doch in den vergangenen Jahren sind immerhin 125 zusätzliche Büroarbeitsplätze nötig geworden – als das Rathaus eröffnet wurde, standen dort 172 zur Verfügung. Inzwischen sind daraus 210 geworden, weitere 87 gibt es in von der Stadt angemieteten Räumen in anderen Gebäuden im Stadtgebiet.

Da der Traum vom Erweiterungsbau geplatzt ist, will die Stadt das Problem anders in den Griff bekommen. Dass mehr Digitalisierung und moderne Arbeitsumgebungen und technische Ausstattung vonnöten sind, hat die Verwaltung zwar schon früher auf dem Schirm gehabt. Was als New-Work-Konzept daherkommt, setzt nun voll auf diese Mittel. So soll es künftig nicht mehr einen Schreibtisch pro Mitarbeiter geben. Beschäftigte sollen sich vielmehr Schreibtische teilen. „Desk Sharing“ heißt der trendige Anglizismus dazu, und „Clean Desk“-Prinzip ein anderer. Möglich werden soll das Ganze durch ausgedehntere Möglichkeiten, im Homeoffice und mobil zu arbeiten.

Heißt auf gut Deutsch: Mitarbeiter sollen mit Laptops technisch so ausgerüstet werden, dass die häufiger daheim arbeiten können und nicht mehr so oft im Rathaus sein müssen, sodass man sich dank guter Koordination einen freien Schreibtisch für den nötigen Zeitraum dort buchen kann. Zu anderen Zeiten arbeitet halt ein Kollege daran. Damit das klappt, darf niemand stapelweise Papier hinterlassen, sondern muss bei Feierabend reinen Tisch machen.

Damit ein solches Arbeiten unter Verzicht auf Papierberge und Aktenstapel möglich ist, hat die Stadt bereits angestoßen, dass bestehende Unterlagen digitalisiert werden. Ziel ist es, möglichst viele Verwaltungsakte weiter zu digitalisieren, damit Papier immer mehr aus dem Amtsalltag zurückgedrängt wird und möglichst irgendwann einmal ganz verschwindet.

Beim altgedienten Amtswalter, der einst mit dem Geruch von Stempelkissen und Aktendeckeln in der Nase seine Laufbahn begonnen hat, mag eine solche Perspektive womöglich Beklemmung auslösen. Die Verwaltungsspitze spricht auch von einem nötigen „Kulturwandel“. Erzielt werden soll der durch das Vorbild von Führungskräften, „offene Kommunikation und die Förderung von Vertrauen und Verantwortung“.