Prozess gegen Brillen-Bande ist gestartet
Den drei Männern werden insgesamt 18 Überfälle zur Last gelegt. Unter anderem schlugen die Täter in Nettetal, Willich und Mönchengladbach zu. Ein 43-Jähriger gilt als Drahtzieher der Gruppe.
Kreis Viersen/Düsseldorf. Mehr als eine halbe Stunde brauchte die Staatsanwältin gestern, um vor dem Düsseldorfer Landgericht die Anklage gegen drei Männer zu verlesen. Unter Regie eines 43-jährigen Mönchengladbachers sollen demnach zwei Drogensüchtige (33/30 Jahre) innerhalb von sechs Monaten 19 Banküberfälle quer durchs Rheinland verübt und dabei mehr als 100 000 Euro erbeutet haben. In die Anklage eingegangen waren aber nur 18 der Taten. Die Tat in Waldniel am 14. April 2015, die als Nummer 18 von 19 in der Liste geführt worden war, ist nicht berücksichtigt worden.
Begonnen hatte die Serie am 8. Oktober 2014 in Weener. Zunächst waren die Behörden von einem einzigen Täter ausgegangen, der stets mit auffälliger Brille und mit Käppis unter Waffenandrohung die Bankfilialen heimsuchte.
Erst die Neusser Kripo deckte auf, dass es zwei verschiedene Räuber waren, die abwechselnd mit Brille und Käppi agierten — und dass beide nur die Handlanger des Haupttäters und Drahtziehers gewesen sein sollen.
Die erste Tat im Kreis Viersen ereignete sich am 19. Januar vergangenen Jahres in einer Sparkassen-Filiale in Nettetal-Schaag. Am 21. Januar 2015 schlug einer der Täter dann in Willich-Neersen zu.
Als besonders spektakulär bleibt der 8. April 2015 in Erinnerung — da gab es innerhalb von drei Stunden gleich zwei Taten. Gegen 11.30 Uhr war der Raub in der Sparkassen-Filiale an der Hauptstraße in Viersen passiert. Das erbeutete Geld war dabei durch eine Farbpatrone unbrauchbar geworden. Gegen 14.30 Uhr tauchte dann ein Räuber in Mönchengladbach-Odenkirchen an der Burgfreiheit auf. Die letzte Tat ist für den 23. April 2015 in Herzebrock-Clarholz verzeichnet.
Bereits am 16. März 2015 war bei der Polizei Neuss die Ermittlungskommission „Brille“ eingerichtet worden. Am 24. April konnte sie den mutmaßlichen Drahtzieher und den 32-jährigen Mönchengladbacher am Marienplatz in Rheydt festnehmen. Bei der Festnahme des dritten Angeklagten am 8. Mai in Dalheim war es spektakulär zugegangen — es hatte sich ein Schuss gelöst. Erst danach präsentierte die Kommission ihre Erfolge der Öffentlichkeit.
So leise und unauffällig ging der ominöse „Brillen-Räuber“ bei den Taten vor, dass Kunden und andere Bankangestellte seinen Raubzug oft nicht mal bemerkten.
Meist erfuhren die überfallenen Kassierer in Viersen, Nettetal, Willich, Twist, Unna, Mayen, Neuss, Höxter, Krefeld, Mönchengladbach, Wuppertal oder Hückelhoven nur durch einen Zettel des Täters, dass dies ein Raubüberfall sei und sie mit Waffengewalt rechnen müssten.
In mitgebrachte Plastiktüten füllten die Bankangestellten dann Bargeld, das teils aus durchnummerierten und registrierten Scheinen bestand. Die beiden laut Anklage abwechselnd in gleicher Verkleidung auftretenden Männer sahen sich dabei so ähnlich, dass anhand von Tatortfotos selbst Spezialisten kaum den einen vom anderen unterscheiden konnten. Beide Männer haben sich vor Prozessbeginn in Teilgeständnissen geäußert.
Doch der mutmaßliche Drahtzieher, der alle Aktionen geplant, Tatorte ausgekundschaftet und mit einem Fluchtauto nahe der Bankfilialen auf den jeweils als Räuber eingesetzten Komplizen gewartet haben soll, hat bisher geschwiegen.
Zum Prozessauftakt hüllten sich gestern alle Angeklagte in Schweigen. Ob sich das am nächsten Prozesstag ändert, ist unklar.
Für die Verhandlung hat das Landgericht Düsseldorf noch insgesamt 25 Prozesstage bis Ende April eingeplant.