Kempen Auf den Spuren von Max und Moritz

In einer weiteren Burggeschichte berichtet Helmut Glasmachers über einen Streich seines Bruders Hein und dessen Kumpel Fritz.

Foto: Braun

Kempen. Angeregt durch die Burggeschichte der Brüder Lübbenjans — Sie erinnern sich vielleicht an deren erste Zigarette im Park der Kempener Burg — hat Helmut Glasmachers einen Beitrag zu unserer Serie an die WZ-Redaktion gesandt. „Geschichte“ sei in diesem Falle „doppeldeutig“ zu verstehen, schreibt er. Es sei einerseits Erzählung, Historie andererseits.

Foto: Friedhelm Reimann

Der Kempener dreht die Zeit um fast ein Jahrhundert zurück und führt uns in das Jahr 1923. Damals war „mein ältester Bruder Hein Schüler des Gymnasiums Thomaeum. Er trug als Kopfbedeckung eine grüne Schülermütze“, das äußere Zeichen der Quinta. „Das Thomaeum war in der Burg, und Hausmeister war Herr Stienen, den ich ein Dutzend Jahre später als Stienen-Papa kennengelernt habe“.

Jener Herr Stienen wohnte in der Burg, „und der Burggraben diente seinen Hühnern als Auslauf“. Glasmachers’ Bruder Hein und dessen Freund und Klassenkamerad Fritz Windhausen hatten sich einen Streich ausgedacht, „einen richtigen Lausbubenstreich“.

Eines Tages standen „sie auf der steinernen Brücke, die über den Burggraben führt. Unten, im Bett des Grabens, hatten sie einen Köder ausgelegt, den sie vorher zusammengebaut hatten. Er war gut von der Brücke aus zu sehen, „bestand aus zwei etwa einen Meter langen Kordelstücken, die in der Mitte zusammengebunden waren. An jedes der vier Enden hatten sie ein Stückchen von der Kruste ihres Pausenbrotes befestigt.“

Ihr Plan, so Glasmachers: Die im Burggraben umherlaufenden Hühner sollten „die Brotbrocken aufpicken, schlucken und dann, an den Kordelenden hängend, zerrend und streitend umherflattern.“

„Doch die Hühner taten ihnen nicht den Gefallen.“ Sie kamen nicht, hatten vielleicht keinen Hunger. Selbst als die Jungs laut gackerten, um die Hühner zu locken, tat sich nichts. „Es blieb alles vergebens. Vergebens ja, aber nicht ohne Folgen“, schreibt Glasmachers.

Denn durch das laute „Gock, Gock, Gock“ sei nicht das Federvieh, wohl aber der „Besitzer derselben, Hausmeister Stienen“, herbeigelockt worden. Der packte die Lausbuben am Kragen. Hein musste den Köder aus dem Graben holen. Dann ging es mit dem Corpus Delicti zum Klassenlehrer. Glasmachers: „Damals galten noch strenge Sitten. Körperliche Züchtigung, Ohrfeigen, Kopfnüsse, Stockschläge auf die Finger oder auf den Podex.“

Welche Strafen die Jungs erwarteten, ob auch Nachsitzen, sogar Arrest folgte, weiß der Kempener nicht. Aber es gab einen Eintrag ins Klassenbuch. Der lautete: „Glasmachers und Windhausen füttern die Hühner des Hausmeisters à la mode Max und Moritz.“ Ob die am Ende eines jeden Schuljahres archivierten Klassenbücher noch existieren, also auch jenes mit diesem Eintrag, weiß unser Burggeschichtenschreiber Helmut Glasmachers nicht.

Wir gehen davon aus, dass dies der erste und einzige Streich von Hein und Fritz geblieben ist, danken herzlich für diese Kempener Burggeschichte mit den Worten von Wilhelm Busch: „Bildlich siehst du jetzt die Possen, Die in Wirklichkeit verdrossen, Mit behaglichem Gekicher, Weil du selbst vor ihnen sicher.“ Ree