Schüler fällen Baum für Bundestag
Kinder aus Lobberich halfen mit, die Tanne zu Boden zu bringen. Sie fahren auch mit zur Übergabe nach Berlin.
Kreis Viersen. Er ist fast 6,50 Meter hoch, 25 Jahre alt und über 200 Kilogramm schwer: der Weihnachtsbaum, der in den kommenden Wochen die Abgeordneten im Deutschen Bundestag erfreuen wird. Gestern wurde der Baum im westlichen Teil des Naturparks Schwalm-Nette gefällt — dort, wo die Diergardt’sche Forstverwaltung am Rand des Premium-Wanderwegs „Schwalmbruch“ Nordmanntannen gesetzt hat. Auf einer Fläche von 2500 Quadratmetern wachsen hier Nordmann- und Küstentannen im Schatten der alten Kiefern. Rundum stehen Buchen, Eichen, Ahorn- und Kirschbäume.
Der Weihnachtsbaum für den Deutschen Bundestag kommt alljährlich aus einem anderen Naturpark in Deutschland. Als die Anfrage aus Berlin kam, ob der Naturpark Schwalm-Nette den diesjährigen Baum stellen wolle, habe er sich „total gefreut“, sagt Michael Puschmann, Geschäftsführer des Naturparks Schwalm-Nette. Allerdings habe es auch Vorgaben aus Berlin gegeben: Der Baum dürfe nicht höher als 6,50 Meter sein, damit er im Paul-Löbe-Haus noch durch die Tür passt. Immerhin habe ein Baum dieser Höhe unten einen Durchmesser von vier Metern, erklärt Puschmann. Im Paul-Löbe-Haus soll der Baum am Freitag offiziell an den Vizepräsidenten des Bundestages, Thomas Oppermann (SPD) übergeben werden. Auch 19 Schüler der katholischen Grundschule Lobberich werden dabei sein. Gemeinsam mit ihren Klassenkameraden aus der 4a, 4b und 4c haben sie in den vergangenen Wochen kleine Holzscheiben mit Sternen bemalt, bunte Männchen und Kugeln aus Pappe gebastelt. „Immer wenn wir mit einer Aufgabe fertig waren, durften wir eine Kugel basteln“, berichtet ein Viertklässler.
Zusammen packten die 66 Jungen und Mädchen gestern mit an, um die Tanne aus dem Wald zu ziehen und neben den Hänger zu bugsieren, mit dem sie heute nach Berlin gebracht wird. Dafür hatten die Kinder extra Arbeitshandschuhe bekommen. Schweißtreibend war die Arbeit auch für Andreas Coenen (CDU), Landrat des Kreises Viersen und Verbandsvorsteher des Naturparks Schwalm-Nette, der gemeinsam mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Viersen, Uwe Schummer, den Stamm unten ansägte, bevor die Profis mit der Kettensäge anrückten und der Baum unter dem Gejohle der Kinder fiel. Eigentlich hatte auch Schummers Bundestagskollege Udo Schiefner (SPD) an der Aktion teilnehmen wollen, doch er war krank und musste sich entschuldigen.
In Berlin wird der Baum nach einer langen Reise angekommen sein. Seine Samen stammen aus dem Kaukausus, berichtete Richard Holthausen, Betriebsleiter der Diergardt’schen Forstverwaltung, den staunenden Kindern. Die Zapfen der dort gut 40 Meter hohen Bäume werden gesammelt und nach Nordeuropa gebracht. In Baumschulen werden die kleinen Nordmanntannen vier Jahre aufgezogen, bis sie verkauft und an anderer Stelle gepflanzt werden — etwa im Naturpark Schwalm-Nette.
Damit die Nordmanntanne lange schön bleibt, rät Holthausen, sie nicht sofort ins Warme zu stellen, sondern langsam an den Temperatur-Unterschied zu gewöhnen: „Sonst verdunstet der Baum sehr viel Wasser, und dann wundert man sich, dass er alle Nadeln abwirft.“
Am letzten Tag vor der Weihnachtspause werden die Abgeordneten rund um den Baum stehen und beim „fraktionsoffenen Adventssingen“ Weihnachtslieder trällern, berichtete Schummer. Das sei stets von großer Harmonie geprägt — und die wünschte er auch der Politik, um eine neue Regierung zu bilden.