Denkmal oder Energiepass?
Viersener Genossenschaft will Häuser wärmedämmen und darf das nicht.
Viersen. Die Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Viersen (GWG) ist sauer auf die Stadt. Seit dem 4.März liegt ihr der Ablehnungsbescheid eines Verwaltungs-Sachbearbeiters auf dem Tisch.
Nachdem die GWG 20 Monate gewartet hatte, erfuhr Geschäftsführer Heinz Fels: "Wir dürfen unsere Häuser Nauenstraße 12 bis 18 im Rahser nicht von außen wärmedämmen."
Ablehnungsgrund: Denkmalschutz, festgelegt in einer Satzung von 1999. Sie schreibt die Originaliät der Bausubstanz fest.
Fels, seine Vorstandskollegen Manfred Busch und Günter Neumann sowie Aufsichtsratschef Helmut Nisters interpretieren die Denkmalsatzung für das Rahser anders als die Stadt: Es gehe nicht um jedes einzelne Haus, sondern ums Gesamtbild. Und das werde durch die Außendämmung nicht verändert.
Die GWG hat deswegen die Stadt Viersen verklagt. Fels und Neumann listen die Konsequenzen auf, die der Ablehnungsbescheid nach sich zieht:
Die Stadt verhindert Investitionen allein an der Nauenstraße zwischen 500.000 und 600.000 Euro. Aufträge an Handwerker liegen auf Eis. Energiesparmaßnahmen werden verhindert, Hausbewohner verärgert. Die ziehen aus, mittelfristig ändert sich das Sozialgefüge des Stadtteils.
Die Wohnungsgesellschaft stellt Investitionen, Volumen bis zwei Millionen Euro, auch andernorts zurück.
Häuser an der Gelderner- und der Düppelstraße müssten ebenfalls gedämmt werden. Neumann: "Die GWG als gesunde Gesellschaft erwägt vielmehr, ihr Geld außerhalb Viersens anzulegen."
Die GWG-Spitze betont, durchaus für Denkmalschutz zu sein. Allerdings sei die Satzung zu einer Zeit erlassen worden, als noch niemand von galoppierenden Energiepreisen oder von einem Energiepass geredet hätte. Insofern wäre es nur logisch, die Satzung heutigen Begebenheiten anzupassen.
Als erster Schritt schwebt den Wohnungsgenossenschaftlern jedoch vor, dass die Stadt ihre Ansicht zur Nauenstraße ändert. Immerhin werde die vorgesetzte, zehn Zentimeter dicke Wärmedämmung genau so aussehen wie die jetzige Fassade. Selbst das umlaufende Stuck-Band werde rekonstruiert.
Die Fenster blieben unverändert, sie lägen dann zehn Zentimeter tiefer als die Fassadenfläche. Das falle jedoch nicht auf, wie bei den vor drei Jahren gedämmten Häusern an der Alsenstraße zu sehen sei. Für den Stadt-Sachbearbeiter seien die Fenster wohl ausschlaggebend für die Ablehnung gewesen.
Fels: "Außerdem durften wir die Dächer an der Nauenstraße umbauen und herunterziehen in Hinblick auf die geplante Dämmung."
Letztlich hoffen GWG-Vorstand und -Aufsichtsrat, dass Baurat Gerd Zenses oder Bürgermeister Günter Thönnessen das Thema zur Chefsache machen. Bislang habe niemand mit ihnen geredet oder die Häuser besichtigt.
Angesichts der möglichen Änderungen in der Sozialstruktur des Stadtteils (kann die GWG keinen Energiepass vorlegen, ziehen eingesessene, gut verdienende Mieter aus) müssten sie das Problem erkennen.
Zumal offenbar auch die Viersener Aktien Baugesellschaft und private Hausbesitzer vor ähnlichen Problemen stünden. Dies will die GWG heute Abend eruieren bei einer Versammlung, zu der man Betroffene ins Feldschlösschen eingeladen hat.