Heiraten geht jetzt elektronisch

Das Kempener Standesamt arbeitet als erstes bundesweit mit digitaler Signatur. Angst vor Hackern gibt es nicht: Die Daten sind sicher.

Kempen/Niederrhein. Modernste Technik hinter alten Mauern. Das Standesamt Kempen an der Neustraße ist seit Donnerstag Vorreiter für ein System, das bis 2014 in alle Standesämter der Bundesrepublik Einzug halten muss: Das Arbeiten mit einer qualifizierten digitalen Signatur.

Seit 1. Oktober werden alle Sterbe- und Geburtsmeldungen sowie die Eheschließungen oder das Eintragen einer Lebenspartnerschaft in Kempen nur noch elektronisch beurkundet.

Der Eintrag in ein entsprechendes Register entfällt. Gestern stellten die Verantwortlichen das neue Programm im Kempener Standesamt vor. Und es sei, so Marek Holzhauer vom Rechenzentrum Niederrhein, so gut wie "bombensicher".

"Für die Bürger, die zu uns kommen, um die Geburt eines Kindes anzuzeigen oder sich das Ja-Wort zu geben, ändert sich nichts", betont die Kempener Standesbeamtin Renate Schmitz-Trienekens.

Nach wie vor erhalten alle frisch gebackenen Eltern oder Getrauten einen vom Standesbeamten gestempelten und unterschriebenen Ausdruck der jeweiligen Bescheinigung zum Abheften im Stammbuch oder zur Vorlage bei einer Behörde.

Das offizielle Register allerdings sieht nun anders aus: Waren bislang die Urkunden in Bücher geheftet und mussten bei Bedarf aus dem Lager herbeigeschafft werden, genügt jetzt ein Klick, und Schmitz-Trienekens kann die angefragten Daten auf ihren Bildschirm laden.

"Im Rechenzentrum in Kamp-Lintfort werden die Datensätze als Kopie aufbewahrt", sagt Holzhauer. Sicher geschützt in einer so genannten Lampertz-Zelle, einer speziell begasten und dadurch feuersicheren Sicherheitszone, können die Eintragungen so unbeschadet überdauern. Sogar eine Atombombe würde diese Zelle überstehen, sagte Holzhauer.

Und Hacker sind chancenlos: Um überhaupt Daten erfassen oder ändern zu können, braucht Schmitz-Trienekens neben einer Code-Karte eine achtstellige Nummer und Systemkenntnisse.

"Mit dem neuen System entfällt natürlich das Blättern in den Registerbüchern", erklärt die Standesbeamtin. Alle Kempener etwa, die bis Ende September diesen Jahres das Licht der Welt erblickten, haben die Möglichkeit, sich nach Voranfrage ihrer Daten - etwa zur genauen Geburtszeit - im so genannten "Erstbuch" zu vergewissern.

Bis ins Jahr 1900 zurück reichen die Datensätze, die nun allmählich abgebaut werden. Das "Zweitbuch", eine Kopie der jeweiligen Einträge, wird im Viersener Kreishaus aufbewahrt. Die Daten der ab Oktober Geborenen dagegen liegen nur noch digital vor.

Über die Kosten für das Programm zur Einrichtung der digitalen Signatur will Holzhauer nicht reden. "Da aber die Vorgabe, nämlich das neue Personenstandsgesetz und damit das Führen eines elektronischen Personenstandregisters seit 2009 Bundesgesetz ist, kommen Kosten auf alle Kommunen zu".

Für Standesämter, die die technischen Voraussetzungen - anders als Kempen - noch nicht erfüllen, endet die Übergangsfrist Ende Dezember 2013.

Bis dahin hat Schmitz-Trienekens reichlich Übung im Umgang mit dem neuen System: Am ersten Tag beurkundete sie bereits am Vormittag einen Sterbefall und eine Geburt. Gute 1000 Erst-einträge macht sie pro Jahr für die Kempener - und geküsst werden darf nach einer Trauung natürlich immer noch ohne vorherige digitale Sicherung.