Razzia in Brüggen: „Im Bus war die Stimmung gut“
Nach der Razzia in einer Brüggener Disko zeigen sich die Besucher im Internetforum selten einsichtig und beschimpfen stattdessen die Polizei.
Brüggen. "Ich saß auch im Bus für die Jungen. Die Stimmung war echt gut. Muss sagen, die Polizei war übertrieben unfreundlich." Drei Tage nach der Razzia der Polizei in einer Disko in Brüggen, bei der 250 Besucher kontrolliert und etwa 120 zum großen Teil alkoholisierte Jugendliche ihren Erziehungsberechtigten übergeben wurden, überschlagen sich die Einträge auf der Internetseite des Diskobetreibers.
Viele zeigen Verständnis. "Ich gehe da nicht mehr hin", schreibt ein Mädchen. Andere zeigen sich nach wie vor uneinsichtig, schimpfen auf Polizei und Behörden. "Dass das eine Kinderdisko ist, ist weithin bekannt", sagt ein 19-jähriger Besucher aus Nettetal.
Es ging in Minutenschnelle in der Nacht zum Samstag: Die Polizeiwagen fuhren vor, das Licht ging aus im Brösel’s - und dann hatten Polizeibeamte und Mitarbeiter des Kreisjugendamts ein Sortierspiel vor sich: Wer ist dort unter 18 Jahren alt und trotzdem nach 24 Uhr noch in der Gaststätte?
250 Personen wurden überprüft-120 Treffer verzeichneten die Beamten. Die meisten dieser Jugendlichen hatten zudem Alkohol getrunken. Trotz aller Diskussionen um mögliche Ausländerfeindlichkeiten in dieser Diskothek ist der Zulauf an den Wochenenden ungebrochen.
Bei den Eltern sieht es eher gemischt aus. Einige fielen aus allen Wolken oder dem Bett, als sie einen Anruf der Polizei erhielten, denn sie wussten nicht, wo ihre Kinder sind, wähnten sie bei Freunden. Wenige andere zeigten sich schuldbewusst. Die meisten aber fanden die Aktion "überzogen".
Das Brösel’s sei die einzige Diskothek, wo man Jugendliche hinlassen könne, sagt Vater Udo B., bis ein oder zwei Uhr sei das okay, denn: "Keine Schlägereien, kein Rauschgift, da ist alles in Ordnung." Er glaubt an eine "Retourkutsche" gegen den Betreiber Jörg Johannböke, neuerdings Jörg Graf Bernadotte. "Das ist nur, weil der keine Ausländer reinlässt." Die Jugendlichen seien wie die Schwerverbrecher abgeführt worden.
"Wir behandeln die Jugendlichen keineswegs wie Schwerverbrecher", sagt Polizeisprecherin Antje Heymanns. "Wenn die Beamten merken, dass die Jugendlichen unter Einfluss von Alkohol stehen, werden diese zunächst einmal wie Opfer behandelt." Im Kriminalkommissariat Prävention der Kreispolizei würde das Ergebnis der Razzia zurzeit ausgewertet.
Die Aktion, eine Gemeinschaftsarbeit von Kreisjugendamt und der Polizei, war lange vorbereitet. Die betroffenen Eltern erhalten in den nächsten zwei Wochen einen Brief mit dem Appell, ihren Erziehungspflichten besser nachzukommen.
"Ich habe einen Bericht der Polizei und des Kreisjugendamtes angefordert. Wir müssen darauf achten, dass alle Aktionen gerichtsfest sind, deswegen werden wir das von einem Fachanwalt begleiten lassen", sagt Brüggens Bürgermeister Gerhard Gottwald. Beim Kreis legt man jedoch Wert darauf, dass es keine straf- oder ordnungsrechtlichen Konsequenzen gibt, dass es sich um eine reine Präventionsmaßnahme handelt. Der Betreiber der Diskothek dagegen müsse Maßnahmen ergreifen und im Zweifelsfall von seinem Hausrecht Gebrauch machen, um dafür zu sorgen, dass die Minderjährigen vor Mitternacht seine Gaststätte verließen.
"Die Geschichte dauert seit anderthalb Jahren", so Gottwald. "Wir haben alle miteinander geredet, Lösungsansätze gezeigt, aber Herr Johannböke wollte darauf nicht eingehen." Er habe daher "externe Kräfte" für eine größere Aktion gefordert, da seine beiden Ordnungsamtsmitarbeiter dort so bekannt seien, dass sie von den Türstehern erkannt würden.
"Unser Ziel ist es nicht, den Laden dichtzumachen, es geht nur darum, dass der Betreiber die Vorschriften zum Jugendschutz einhält." Erst ganz am Ende stehe der Entzug der Konzession. Gottwald: "Das ist aber die Ultima Ratio." Auch in Sachen Diskriminierung von ausländischen Gästen werde es eine strikte Auflage geben.