St. Remigius: Tolle Aussicht nach 162 Stufen

Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, auf den Turm von St. Remigius in Viersen zu steigen.

Viersen. In luftige Höhe an einem Samstag im August: Das war einer Familie aus dem Kreis Minden-Lübbecke in Westfalen eine 280 Kilometer lange Autofahrt wert, denn deren Mitglieder wollten auf den über 61 Meter hohen Turm der St. Remigius-Kirche steigen, um den Ausblick über Viersen zu genießen.

Dass dies auch beschwerlich sein kann, mussten einige große Mitglieder der Familie erkennen. Sie mussten sich häufiger bücken und den Kopf einziehen. Vorbei an drei Kammern, unzähligen Erinnerungsstücken aus der langen Kirchengeschichte und an Spinnweben ging es über 162 ungleiche Stufen in die luftige Höhe.

Dabei gestaltete Rudolf Hünnekes (77) die 90-minütige Führung. Seit 35 Jahren ist der ehemalige Küster Kirchturmführer an St. Remigius. Er hat die Geschichte der Kirche verinnerlicht, ist das lebende und humorvolle Lexikon der Pfarrgemeinde.

Drei Turmkammern hat St. Remigius. Man könnte sie auch als Geschichtskammern bezeichnen. So ist in der ersten Kammer die Geschichte vom Aufbau der neuen Orgel nachzulesen. Die zweite Kammer, eher eine große Tenne, suchten laut Hünnekes die Menschen in Notzeiten Schutz. Dort ist auch die Turmuhr aus dem 19. Jahrhundert untergebracht. Außerdem sind dort Nistkästen für verschiedene Vogelarten angebracht. In der dritten Kammer finden sich schließlich das Kreuz vom ehemaligen Hochaltar und der Christuskorpus aus der Karfreitagsliturgie.

Dazwischen gibt es beim Aufstieg immer wieder Erinnerungen und Erläuterungen de ehemaligen Küsters. Selbst ein Foto von Alt-Bundeskanzler Konrad Adenauer findet sich in einer Nische.

Schwer beeindruckende ist dann für die Teilnehmer der Führung der Glockenstuhl. Im Dreipäpstejahr 1978, so Hünnekes, war er erneuert worden. Damals begann auch die Turmführerlaufbahn von Hünnekes. Einige Besucher durften sich als „Glockenläuter“ probieren.

Und dann erreichten die Besucher das Ziel des Aufstiegs: die Luken mit den Aussichtsmöglichkeiten auf die Stadt. Der Familie aus Westfalen fällt vor allem der breite Viersener Grüngürtel auf. Andere Besucher gehen die einzelnen Kirchtürme durch, eine Frau nimmt den alten Schornstein der früheren Lohbusch-Brauerei an der Dülkener Straße ins Visier: „Den kenne ich noch als Kind, mein Vater trank immer das Viersener Bier“, erinnerte sich die Besucherin. Der Blick geht über Rathausmarkt und Fußgängerzone, im Norden bis nach Süchteln. Leider ist es etwas dunstig, die Sicht nicht optimal. Noch höher hinaus geht es für die Teilnehmer leider nicht. Der Aufstieg in den Turmhelm ist nicht gestattet.

Turmführer Hünnekes plaudert zum Abschluss noch über Dohlen und Wanderfalken, dann geht’s wieder an den Abstieg. Zwei ältere Damen sprechen von Muskelkater, aber auch sie freuen sich über den Anstecker nach getaner Turmbesteigung. „Es war toll“, lautete der einhellige Kommentar der Teilnehmer.