Viersen: Gute Geschäfte mit der Lotterie
Staatsanwälte sollen schon früher von den dubiosen Machenschaften mit Lastschriften gewusst haben.
Viersen. Der Skandal um die Weitergabe von Bankdaten tausender Bundesbürger nimmt zwar in Viersen seinen Ausgang, zieht jedoch bundesweite Kreise. Am Donnerstag wurde ein Call-Center in Lübeck von der Polizei durchsucht.
Vor der Staatsanwaltschaft liegt ein riesiges Puzzle. Sie muss jetzt in monatelanger Kleinarbeit die vielen Teile zusammenfügen, die am Ende das Bild der Firma MV Consulting an der Viersener Großen Bruchstraße ergeben können. Doch dass diese Firma auch nur ein Rädchen in einem komplexen Getriebe ist, das den Datenschutz in ganz großem Stil umgeht, ist jetzt schon klar.
Bei allen Menschen, deren Kontoverbindungen jetzt weitergegeben wurden, soll es sich um Kunden der Süddeutschen Klassenlotterie handeln. In der Call Center-Branche sollen die Datensätze dazu missbraucht worden sein, um Vertragsabschlüsse vorzutäuschen und den Opfern Geld abzubuchen.
Die SKL räumte ein, den Vertrieb von Losen über Telefonmarketing betrieben und damit auch externe Call Center beauftragt zu haben. Die SKL erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Datenmissbrauchs und Verdachts des Geheimnisverrats.
Die Praxis, die das Viersener Unternehmen angewandt hat, scheint nicht erst seit vorgestern bekannt zu sein. Recherchen im Internet ergeben, dass viele Betroffene bereits seit fast vier Jahren versucht haben, die unterschiedlichsten Staatsanwaltschaften in Deutschland einzuschalten.
Allerdings alle ohne Erfolg. Bei der Lastschrift handele es sich um einen Massenvorgang, bei dem Fehler entstehen könnten - das soll einem der Mitglieder im Antispam-Forum die Staatsanwaltschaft Flensburg mitgeteilt haben. Oder es sei zu keiner Schädigung gekommen, da das Geld zurückgebucht wurde.
Über MV Consulting und ihre "Europachance" finden sich zahllose Einträge. Die Forumsgemeinschaft fand sie heraus, dass V. außer den Call-Centern in Viersen und Mönchengladbach auch in Krefeld und Willich solche Einrichtungen betreibt.
Wem es jetzt dämmert, dass er ja auch einen merkwürdigen Anruf bekam, der sollte seine Kontoauszüge genau kontrollieren. "Wenn ein Betrag unrechtmäßig abgebucht wurde, hat man sechs Wochen Zeit, diese Lastschrift bei seiner Bank zurückzugeben", erklärt Andreas Bach von der Marketing-Abteilung der Volksbank Viersen.
Man müsse dazu nur in eine Filiale seiner Bank gehen und eine "Lastschriftrückgabe wegen Widerspruch" verlangen. "Das Geld erhält man dann in jedem Fall zurück", versichert Bach. Denn eine Einzugsermächtigung - egal, ob man sie tatsächlich gegeben hat, oder ob nur jemand behauptet, dass er sie bekommen habe - kann man mit dieser Sechs-Wochen-Frist widerrufen.