Weg durch den Bahnhof bald frei

Ein historischer Augenblick am Viersener Bahnhof. Der Durchstich des Personentunnels ist geschafft.

Viersen. Mit einem Röhren erwacht der Stemmbagger unter den mächtigen Stahlträgern der Hilfsbrücke am Viersener Bahnhof zum Leben. Langsam schwenkt der Arm des Baggers in Richtung der unebenen Betonwand. Manfred Schlicht, Maschinist in der Kabine des tonnenschweren Gefährts, setzt den gewaltigen Meißel am Ende des Metallarms an der Wand an. Ein Zittern geht durch die gesamte Maschine und es wird laut.

Wie ein Presslufthammer schlägt der Meißel gegen die Betonwand. Splitter und kleine Betonbrocken fliegen zur Seite. Es staubt gewaltig. Schlicht zieht den Arm zurück und setzt erneut an. Stückchen für Stückchen bröckelt die Wand. Beim nächsten Ansetzen scheint er eine besonders harte Stelle erwischt zu haben.

Der Bagger mit seinen Raupenketten hebt vorne ein bisschen ab. Doch die Gewalt der Maschine ist zu groß, der Beton gibt nach. Ein größerer Brocken schlägt weg, ein Loch wird sichtbar.

"Ich kann ein Stückchen Fliesenfries sehen", ruft Viersens Bürgermeister Günter Thönnessen. Er strahlt mit Stephan Sillekens, Vorsitzender des Entwicklungsausschusses Bahnhof/Stadtwald, um die Wette.

Gestern wurde von der Ostseite des Viersener Bahnhofs der Durchstich zum Personentunnel geschaffen. Nachdem Mitte März die Hilfsbrücke installiert worden war, um Gleis 6 zu unterqueren, wird nun am Durchbruch gearbeitet.

Dafür ist einiges an maschineller Kraft und menschlichem Wissen gefragt. Immerhin gilt es eine Betonwand in der Größe von fünf Metern Breite, sechs Metern Höhe und einer Dicke von 1,80 Metern zu entfernen. "Das sind rund 25 bis 30 Kubikmeter Beton, die weg müssen", erklärt Diplom-Ingenieur Güngör Güvenc von der Kölner Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan.

Es gibt keinerlei Pläne des Bahnhofes, die Genaueres über die Statik der Wand aussagen. Entsprechend ist vorsichtiges Vorgehen mit den schlagkräftigen Stemmmeißeln gefordert. "Wir haben zunächst die Konturen des Durchbruchs mit einem Stahldraht ausgesägt", sagt Diplom-Ingenieur Thomas Kästner von der Berliner Ingenieursgesellschaft Hoeft.

Nun geht es von der oberen Abgrenzung, die in einer Breite von gut 50 Zentimeter stehen bleibt, streifenweise langsam nach unten weiter. Dabei wird die Decke dauernd beobachtet. Sie ist schon von der Bahnhofinnenseite unterfangen worden und muss im Bedarfsfall weiter gestützt werden.

"Wenn alles weiter so gut läuft, werden wir in drei bis vier Tagen den Durchbruch vollständig fertig haben", gibt sich Schlicht zuversichtlich und geht mit dem Bagger und Stemmmeißel das nächste Stück Betonwand an.