Anrath: Dicke Knollen fallen durch

Landwirtschaft: Die Kammer testete am Mittwoch auf dem Stautenhof 21 Sorten Bio-Kartoffeln auf Kraut und Knolle.

Anrath. In eine große Staubwolke hüllt sich der Kartoffelroder, der am Stautenhof über den Acker tuckert. Nur langsam geht’s voran, immer wieder muss das schwere Fahrzeug anhalten. Denn es wird nicht irgendein Acker mit Kartoffeln bearbeitet, sondern ein 2000 Quadratmeter großes Testfeld mit 21verschiedenen, neu gezüchteten Sorten. Deren Geschmack, Aussehen und Ertrag werden von Experten der Landwirtschaftkammer bei ihrem Sortenversuch unter die Lupe genommen.

Bellaprima, Belana, Adelina und Laura - die Kartoffel ist weiblich. Manche der allesamt deutschen Züchtungen sind besonders robust gegen Krankheiten, manche werden zu unförmigen Knubbeln, andere zeichnen sich dadurch aus, besonders stärkehaltig sein, oder schmecken besonders fein. Alle Eigenschaften werden von der Landwirtschaftskammer beobachtet und aufgezeichnet. Die Auswertung schließlich kommt den Landwirten selbst zugute. Sie können durch die Erhebung besser abschätzen, welche der neuen Sorten ihre Zuchtziele erfüllen und sie in ihr Sortiment und auf ihren Acker aufnehmen können. Kartoffeln mit viel Stärke eignen sich gut für Pommes, große für Chips und die roten und blauen Kartoffeln sind besonders bei Liebhabern des Außergewöhnlichen gefragt.

Beim Geschmack allerdings gehen die Meinungen auseinander. "Im Rheinland sind besonders die festkochenden gelbfleischigen Kartoffeln beliebt, die Menschen im Osten haben lieber hellere Kartoffeln der mehligeren Art", sagt Theo Pütz, der sich als Berater für Ökobetriebe auf Kartoffeln spezialisiert hat. Von der Qualität der frisch gerodeten Kartoffeln können sich die Besucher beim Hoffest am Sonntag selbst ein Bild machen: Zwölf Sorten werden in einem speziellen Wasserkessel mit getrennten Kammern gekocht und den Besuchern aufgetischt. Die dürfen Geschmack und Aussehen der Knollen anonym bewerten - mindestens 100 Stimmen braucht die Kammer, um das Ergebnis der Pellkartoffel-Verkostung verwerten zu können.

"Mit den roten Kartoffeln bin ich im Moment nicht zufrieden", sagt Pütz, nachdem er die "Highland Burgundy Red" begutachtet hat. "Die sind arg dick", lautet das vernichtende Urteil. Der roten Kartoffel, die Bio-Landwirt Christoph Leiders vom Stautenhof bereits anbietet, kann sie nicht das Wasser reichen. Allerdings ganz vorbei ist es mit der neuen Züchtung noch nicht. Sie hat noch zwei Jahre Zeit, ihre schlanke Seite zu zeigen. Denn erst nach drei Durchläufen auf unterschiedlichen Böden fällt die Landwirtschaftskammer ihr Endurteil, das den Landwirten als Orientierung dient und ihnen die Selbstversuche erspart. "Wir suchen gesunde Kartoffeln, die lange ihr Kraut behalten", sagt Theo Pütz. Denn gerade bei Ökobetrieben, bei denen der Gebrauch von Chemie nicht zulässig ist, sind robuste Sorten die Voraussetzung für den Erfolg. Die acht verschiedenen Kartoffelsorten auf dem Stautenhof bekommen höchstens eine Prise Kupfer zu sehen, ansonsten bleiben sie unbehandelt. "Wir leben dann nachher mit den Krankheiten", sagt Leiders.

"Die Erträge sind niedriger und die Kartoffeln werden nicht so groß, aber sie schmecken besser als die konventionellen Kartoffeln", zeigt sich der Ökobauer von seinem Ackergold überzeugt. Dass sie drei mal so teuer sind wie herkömmliche Kartoffeln, sei auf den höheren Arbeitsaufwand zurückzuführen.

Finanzielle profitiere er nicht davon, der Kammer seinen Acker zur Verfügung zu stellen. "Der Vorteil ist, dass wir sehen, was auf unserer Fläche wächst - nicht jede Sorte, die woanders gut abschneidet, wächst hier gut", sagt Leiders. Die Sorten, die am besten abschneiden, will der 42-Jährige demnächst selbst anbauen.

Sechs bis acht Tonnen Test-Kartoffeln sind bei der Rodung zusammengekommen. Einige Proben wird die Landwirtschaftskammer mitnehmen, um die Lager-Eigenschaften genauer zu untersuchen. Der Rest wird am Sonntag in den Kochtopf landen - oder später im Hofladen verkauft.