Bürgermeisterkandidat Alexander Oerschkes: „Ich bin ein Malocher“

Interview: Der Anrather Alexander Oerschkes will Josef Heyes als Bürgermeister ablösen.

Willich. Ihn hatte keiner auf der Rechnung: Als die SPD den Anrather Alexander Oerschkes zum Bürgermeister-Kandidaten bestimmte, staunte nicht nur die CDU. Die WZ sprach mit ihm über politische Ziele, berufliche Entwicklungen, Josef Heyes und Marzipan-Hörnchen.

Herr Oerschkes, warum will ein erfolgreicher Bäcker Bürgermeister werden?

Alexander Oerschkes: Ich bin mit der Politik groß geworden, bin durch und durch Sozialdemokrat. Mein Vater Werner Oerschkes ist ein SPD-Urgestein, er war mehrfach Spitzenkandidat in Willich, war Fraktionschef und stellvertretender Bürgermeister. Da habe ich als Kind schon auf dem Schoß von Willy Brandt gesessen - der übrigens am gleichen Tag wie ich Geburtstag hatte. Als Politiker bin ich selbst zwar ein Späteinsteiger. Aber ich bringe meine Erfahrungen als selbstständiger Handwerker und Chef eines Betriebes mit über 30 Angestellten mit. Und ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen, will Probleme, die ich sehe, auch ändern.

Was hat Ihre Frau Rita zu Ihrer Kandidatur gesagt?

Oerschkes: Meine Frau hat mich 2004 bewegt, wieder in die Politik einzusteigen. Ich hatte zwar als junger Mann mal kandidiert und bin über 30 Jahre in der SPD. Aber sonst meckerte ich nur über Zustände, von denen ich in der Zeitung las. Als ich ihr nach der entscheidenden Sitzung am Telefon sagte, dass ich nun Kandidat bin, hat sie nur gesagt: Ja, mach mal. Und sie unterstützt mich dabei ohne Wenn und Aber.

Und was sagen die Kunden?

Oerschkes: Viele interessiert es gar nicht, andere nehmen es positiv auf. Es gibt auch mal kritische Stimmen von CDU-Stammwählern, denen meine roten Brötchentüten nicht passen. Aber ich habe auch in der CDU viele Freunde.

Welche Chancen rechnen Sie sich aus? Josef Heyes hat bei der letzten Wahl über 72 Prozent geholt.

Oerschkes: Ich bin ein Malocher, kämpfe bis zuletzt und will am Ende eine Stimme mehr haben als er. Mir ist klar, dass wir ähnliche Typen sind, eine große Bürgernähe haben, sozial engagiert sind - er für die Leprahilfe, ich für die Willicher Tafel und die Caritas. Auch im Schützenleben sind wir zuhause. Aber ich bin trotzdem ein ganz anderer Mensch.

Was können Sie besser als er?

Oerschkes: Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Ich schätze ihn, und wir duzen uns auch. Im Wahlkampf will ich weniger Kritik an ihm üben, als vielmehr meine eigenen politischen Vorstellungen herausstellen.

Welche Ziele wollen Sie als Bürgermeister erreichen?

Oerschkes: Wir brauchen die beste Bildung für unsere Jugend, müssen Zukunftsperspektive schaffen. Dazu gehören Ganztagsangebote an den Schulen ebenso wie ein Medienzentrum und eine große Zahl von Ausbildungsplätzen. Wir müssen den Mittelstand stärken, nicht nur die großen Gewerbegebiete. Ich habe Angst, dass unsere Ortskerne veröden, dass man dort irgendwann nicht mehr einkaufen kann. Schon heute finden sich etwa in Anrath oder Schiefbahn viele Leerstände. Wir dürfen nicht vergessen, dass bei einer zunehmenden Zahl alter Menschen die Geschäfte im Ort gebraucht werden. Und dass es um viele Arbeitsplätze geht. Da darf es nicht zu 18-monatigen Baustellen kommen, die den Laden blockieren und danach schaut man, wer das überlebt hat.

Freuen Sie sich auf das Duell mit Josef Heyes am WZ-Bus?

Oersckes: Ja, sehr. Zumal es bislang das einzige öffentliche Aufeinandertreffen ist. Ich schätze an ihm, dass er davon überzeugt ist, das Richtige zu tun - genau wie ich.

Was sagen Sie zum Vorwurf, Sie hätten keine Erfahrung für das Bürgermeisteramt?

Oerschkes: Das war doch bei ihm damals auch so - und trotzdem hat er gegen den Verwaltungsfachmann Lukas Siebenkotten gewonnen.

Wie stellen Sie sich Ihren Arbeitsalltag als Bürgermeister vor?

Oerschkes: Das größte Problem wird, dass ich mittags nicht mehr schlafen kann (lacht). Bislang arbeite ich nämlich ab Mitternacht zwischen sieben und neun Stunden täglich und lege mich dann drei bis vier Stunden hin - übrigens mit meiner Katze Lucky. Die kommt immer gleich dazu. Als Bürgermeister werde ich jeden Tag um acht Uhr im Schloss sein.

Im Falle Ihrer Wahl: Was wird aus der Bäckerei?

Oerschkes: Die bleibt in Familienhand. Ich habe einen Meister und zwei hervorragende Gesellen. Mein Sohn ist in der Lehre, meine Tochter leitet zwei der insgesamt sechs Geschäfte. Und dann sind meine Frau da und mein Vater, der die Buchführung macht. Keine Angst also: Es wird weiter Oerschkes-Brötchen geben. Eventuell muss ich aber einen zusätzlichen Meister einstellen

Im Falle Ihrer Nicht-Wahl: Werden Sie im neuen Stadtrat sitzen?

Oerschkes: Klar, ich stehe auf Platz1 der Liste. Falls ich nicht gewählt werden, wäre es mein Ziel, stellvertretender Bürgermeister zu werden - wenn meine Partei mich dafür nominiert. In den Rat will ich frischen Wind bringen.

Sie sind Präsident der Sebastianer in Anrath. Jetzt fällt der Wahltermin ausgerechnet aufs Schützenfest. Was sagen Sie dazu?

Oerschkes: Dämlich, ja. Zumal wir keinen König haben und ich als Präsident sogar die Parade abnehme. Ich feiere am Sonntag bis 18 Uhr, danach warten wir daheim aufs Wahlergebnis, anschließend fahren wir ins Schloss - und am Abend wird wieder gefeiert.

Eine Frage an den Bäcker: Wenn Sie als Teilchen auf die Welt kommen können, welches würden Sie wählen?

Oerschkes: Hmm. Das Marzipan-Hörnchen. Es sieht von außen aus wie ein Croissant und hat innen eine süße Füllung.