Rathaussturm in Neersen und St. Tönis  Jetzt regieren die Narren

Neersen/St. Tönis · In Neersen setzten die Karnevalisten am Altweiberdonnerstag zum Sturm auf das Schloss an, in St. Tönis griffen zwei Prinzen nach dem goldenen Rathausschlüssel.

Prinz David I. und Prinz Roland I. sowie Jugendprinzessin Lea II. erstürmten das Rathaus in St. Tönis mit einer Ramme.

Foto: Norbert Prümen

(barni/adzu) Kurz vor der Schlosserstürmung in Neersen um 18 Uhr fing es plötzlich an zu regnen. Die Zahl der Narren, die sich die Erstürmung nicht entgehen lassen wollten, war deshalb nicht ganz so groß wie in den Vorjahren. Aber alle wichtigen Beteiligten waren da, und wie fast immer öffnete sich das Schlossportal beim dritten Angriff der Prinzengarde mit dem Prellbock. Bürgermeister Christian Pakusch (CDU) übergab den Schlüssel und die Schatzkiste. Er stellte aber klar, dass er die Regentschaft nur für vier Tage abgeben würde.

Es gab einige Besonderheiten bei der Schlosserstürmung: Der Präsident des Festausschusses Willicher Karneval, Uwe Arndt, hatte sich einen grippalen Infekt eingefangen. Die Rede hielten deshalb Philipp Koszlowski (39), Geschäftsführer des Festausschusses, und Sonja Peiffer vom Festausschuss. Und wer zwei Prinzenpaare sah, musste sich keineswegs gefragt haben, ob er schon zu tief ins Glas geschaut hatte: Zum Willicher Prinzenpaar Jens I. und Rebecca I. Bommels gesellten sich Prinz Wolfgang I. und seine Prinzessin I. Gabi. Sie stammt aus Krefeld, er aus Willich. Vor 32 Jahren waren sie nach Milwaukee ausgewandert und engagieren sich dort im Karneval: „In unserer Wahlheimat wird nicht so groß gefeiert wie hier, da gibt es keinen Straßenkarneval“, sagte Prinz Wolfgang I. Schweizer. Die tollen Kostüme, die denen des Willicher Prinzenpaares sehr ähnlich sehen, hatte er im Internet bei einer deutschen Firma bestellt.

Die Führungsmannschaft des Rathauses hatte sich unter dem Motto „Zoo“ verkleidet: Pakusch als Löwe, Beigeordnete Sara Bünstorf als Leopardin, Erster Beigeordneter Gregor Nachtwey als Krebs und Beigeordneter Raimund Berg als Wolf.

Dass es vor dem Hauptportal des Schlosses so eng wurde, lang vor allem an der Prinzengarde mit über 50 Teilnehmenden. Prinz Jens I. hatte Forderungen an die Politik: „Wir brauchen eine Wagenbauhalle für alle Kirmeswagen, einen Hundeplatz und einen Bürgerbus in Neersen, und die Königsheide in Schiefbahn muss Einbahnstraße werden.“

Dass es vor dem Hauptportal des Schlosses Neersen so eng wurde, lang vor allem an der Prinzengarde mit über 50 Teilnehmenden.

Foto: dk media

Traditionell erstürmten die Tönisvorster Jecken am Donnerstagabend das St. Töniser Rathaus. Gemeinsam mit den städtischen Karnevalsvereinen zogen das Prinzenpaar, Prinz David I. und Prinz Roland I., sowie Jugendprinzessin Lea II. unter den Augen zahlreicher kostümierter Zuschauer auf den Rathausplatz.

Am Fenster des Ratssaals wartete bereits der als Pirat verkleidete Bürgermeister Uwe Leuchtenberg (SPD). Mit den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung begrüßte er die närrischen Gäste, doch diese hatten ein klares Ziel: den goldenen Schlüssel zum Rathaus. Um dieses Ziel zu erreichen, boten die Karnevalisten dem Bürgermeister einen Deal an: Jugendprinzessin Lea II. sollte ihn bei einem dreitägigen Praktikum unterstützen. „Ich helfe aus, koche Kaffee und bringe meine Ideen ein“, versprach sie. Dazu müsse sie aber etwas Besonders können, machte Leuchtenberg deutlich.

Dies ließ sich die Jugendprinzessin nicht zweimal sagen. Kurzerhand stimmte Lea II. den diesjährigen Sessionshit der Tönisvorster Regenten an. Trotz des begeisterten Applauses der Zuschauer zeigte sich der Bürgermeister zunächst unnachgiebig. „Wenn du aber jeden Morgen für mich singst und mir meinen Tee bringst, dann gibt es den Schlüssel“, ließ er sich doch umstimmen. Er versprach, den Schlüssel in einem Eimer zu den Karnevalisten herabzulassen.

Dieser enthielt allerdings nicht den von den Jecken ersehnten goldenen Schlüssel. Daher mussten die Tollitäten schwerere Geschütze auffahren. Mit einer bunten Ramme öffneten sie die Tür zur Stadtbücherei und stürmten das Gebäude. Dem Stadtoberhaupt blieb nichts anderes übrig, als die Macht im Ort den Karnevalisten zu übergeben.

Unter lautem Jubel nahmen das Prinzenpaar und die Jugendprinzessin schließlich jeweils einen goldenen Schlüssel aus den Händen von Leuchtenberg entgegen. Anschließend ging es zur Altweiberparty ins Zelt an der Willicher Straße.