Anrath: Kneipentour in die Geschichte

Anrath wird 1000 Jahre alt. Ein wichtiger Teil der Gemeinde waren immer ihre Kneipen. Davon gab es jede Menge.

Anrath. Alkoholfreies Bier im 19. Jahrhundert, Turnen im Gaststättensaal, eine Schankerlaubnissteuer von 50 Prozent - in der Gastronomielandschaft von Anrath gab es viele Kuriositäten.

Kneipen gibt es in der 1000-jährigen Gemeinde schon lange, wie auch Zeichnungen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts belegen.

Danach soll damals an der Dimbkespforte, in der Nähe der Anrather Kirche, das Wirtshaus "Zur blauen Hand" gelegen haben. Der Rembrandt-Schüler Lambert Doomer, dessen Vater aus Anrath stammt, hat das Haus um 1660 gemalt.

Doch unsere Kneipentour beginnt noch weiter in der Vergangenheit. Bereits 1503 soll es einen Gastwirt namens Heinrich von Anraid gegeben haben, der das Wirtshaus "In dem Swanen" führte. 1660 gab es immerhin schon acht Wirte, um 1900 lagen allein zwölf Kneipen in der Umgebung der Kirche. 1928 schließlich wird von 19 Gaststätten gesprochen, die in Anrath Bier und Brandwein ausgeschenkt haben.

"Viele Schankkneipen waren einfach nur kleine Räume, wo es Bier gab. Es war eine Art Wohnzimmeratmosphäre. Wer eine Konzession hatte, der durfte ausschenken", berichtet Willichs Stadtarchivar Udo Holzenthal. Von der "Blauen Hand" ist nichts mehr übrig geblieben, aber andere Gebäude stehen noch. So ist heute der Herrenausstatter Commans dort zu finden, wo um 1900 von einer Witwe Krewinkel Bier ausgeschenkt wurde. 31 Jahre später war dort das "Café Metropa" zuhause. Davon in einer späteren Folge mehr.

Ebenfalls noch an Ort und Stelle steht das Haus, in dem die Schankwirtschaft "Zur guten Quelle" am Kirchplatz 6 beheimatet war. Die Familie Genings, heute noch Eigentümer, betrieb hier ihre Gastwirtschaft. Vielen ist das Haus unter anderem Name bekannt: "Achims Pinte".

Kneipe und Discothek waren der Treff für junge und junggebliebene Anrather in den 80er und 90er Jahren. Aus ganz Willich und der näheren Umgebung ging es am Wochenende zu "Achim". Nachdem sich der Betreiber aus dem Geschäft zurückgezogen hatten, versuchten andere dort ebenfalls ihr Glück. Aber sie scheiterten. Heute ruht an dieser Adresse alles.

Nicht nur Leere, sondern Verfall hat wenige Meter weiter am Kirchplatz eingesetzt. Einst soll hier das "Zur blauen Hand" gestanden haben. Noch vorhanden, aber in erbärmlichen Zustand, ist das Gebäude, in dem später die Gastwirtschaft "Zum Dorfkrug" zu finden war, einstmals eine der führenden Gaststätten Anraths.

Hermann Rütters, der die Lokalität 1900 übernahm, baute das Haus aus, wobei er in Konflikt mit den Behörden kam. Für seinen neuen Saal, der nach deren Ansicht den "Tanzlustbarkeiten" diente, sollte er deshalb eine Schankerlaubnissteuer von 50 Prozent zahlen. Rütters beteuerte, den Saal nur zu Beerdigungen und Prozessionen nutzen zu wollen und zahlte lediglich zehn Prozent. Allerdings unterlag er so strengen Kontrollen. 1939 übernahm Heinz Knabben das Lokal. Unter seinem Namen dürfte die Gaststätte noch vielen Anrathern bekannt sein.