Atomschutzbunker: Schutz vor den Raketen
Aus dem Kalten Krieg stammt der Atomschutzbunker im Tönisvorster Krankenhaus. Die WZ ging auf Zeitreise.
St. Tönis. Die Russen kommen! Was heutzutage bereits in vielen Touristenhotels in den südlichen Ländern eingetreten ist, war in den 60er Jahren ganz anders gemeint. Im Kalten Krieg befürchtete der Westen die Invasion sowjetischer Armeen, gerne auch kombiniert mit einem Atomschlag.
Um gerüstet zu sein, beziehungsweise um besonders schutzbedürftigen Personen einen sicheren Unterschlupf zu gewährleisten, wurden vielfach Atomschutzbunker eingerichtet. Auch im St. Töniser Krankenhaus. Die WZ machte sich mit dem technischen Leiter, Karl-Friedrich Schmidt, auf die Zeitreise ins Unterirdische.
Im Erdgeschoss des Krankenhauses hängen zwar Flucht- und Rettungspläne, aber es ist erst einmal kein Hinweis auf den Bunker zu sehen. Dann findet sich doch etwas versteckt das Zimmer 016 mit der Aufschrift „Bunker“, von dort führt eine Treppe hinunter.
Mit dem Aufzug, den der technische Leiter mit einem speziellen Schlüssel bedient, geht es in den Keller, dann vorbei an Spinden voll von Arztberichten, ambulanten Aufträgen oder alten Rechnungen für den Bürobedarf vorbei. Karl-Friedrich Schmidt macht die erste mehrmals gesicherte Stahltüre auf, weist auf die Wandstärken von immerhin etwa 80 Zentimeter hin, mehr als das Dreifache des Üblichen.
Der 58-jährige Karl-Friedrich Schmitt, der dort seit 1991 für die Technik verantwortlich ist, kennt die Relikte aus der Zeit der Bedrohung durch den Warschauer Parkt auch nur vom Hörensagen: „In den drei Räumen konnten etwa 20 bis 25 wichtige Leute aus St. Tönis aufgenommen werden.“ Wahrscheinlich Gemeindedirektor, Bürgermeister, Stadträte, Ärzte, Apotheker oder Lehrer.
Nicht viel erinnert noch an die damalige Zeit. Der Brunnen, mit dem die Bunker-Besatzung ihr eigenes Wasser noch oben befördern konnte, ist schon längst versandet. Die Kurbel für das damals handbetriebene Schutzbelüftungsgerät ist ebenso verschwunden wie die einst aufgestellten Feldbetten. Es gibt dort unten auch einen Toilettenraum, allerdings ohne einen Abfluss. Schmidt: „Die mussten wahrscheinlich dort einen einfachen Eimer hinstellen.“
Seit langem wird der Bunker als Lagerplatz und für die Telefonanlage genutzt. Dort findet sich neben den vielen Akten alte Gerätschaften, Kopierer oder altes OP-Besteck. In den Schränken liegen alte Spritzen. Und in einem Raum steht sogar noch ein Sauerstoff-Zelt, in dem wahrscheinlich die kranken VIPs behandelt oder operiert werden konnten. Und an der verstaubten und mehr oder weniger durchsichtigen Kunststoffplane findet man noch den wichtigen Hinweis: „Rauchen verboten . .“
Gott sei Dank ist es, was die befürchtete atomare Verseuchung angeht, bei der Theorie und Mutmaßung geblieben. Nach dem Bunker-Besuch ist die frische Luft und der Duft von Gräsern und Blüten gleich doppelt so schön.