Bin Bühnenmensch durch und durch
Tanja Schumann spielt in Neersen die Wirtin „Im weißen Rössl“. Das kann sie. Western oder Musketier-Film — das würde sie gerne einmal.
Neersen. Am Samstag ist Premiere am Neersener Schloss - mit Tanja Schumann als Wirtin im Weißen Rössl am Wolfgangsee. Wie erlebt das prominente Fernseh- und Theatergesicht aus dem Norden die Probenzeit am Niederrhein. Das und mehr im WZ-Interview.
Guten Tag Frau Schumann, können Sie sich noch an Ihren ersten Berufswunsch aus Kindertagen erinnern? Hatte er schon mit Bühne zu tun?
Tanja Schumann Auf die Bühne zog es mich tatsächlich schon ganz früh. Mit sechs Jahren habe ich mit dem Ballett begonnen. Ich stand in Kindertagen bereits auf der Bühne an der Hamburger Staatsoper. Ganz kurz hatte ich mal den Wunsch Lehrerin zu werden. Aber ich bin eigentlich ein Bühnenmensch durch und durch.
Wann reifte der Wunsch, Schauspielerin und Musical-Darstellerin zu werden?
Schumann: Nach dem Abi habe ich ein Sportstudium begonnen; parallel dazu hatte ich weiterhin freien Ballettunterricht an dem Vorläufer der „Stage School“. Dort bin ich auf die Musical-Ausbildung aufmerksam geworden. Das war genau das Richtige für mich. Ich trainierte dann vormittags Musical und nachmittags studierte ich Sport. Bei meinem ersten Engagement im Musical „Große Freiheit“ lernte ich meinen späteren Lebensgefährten kennen, der Schauspieler war. Er bestärkte mich darin, Musical und Schauspiel weiterzuverfolgen. Ich hab’s getan und stieg aus dem Sportstudium aus.
Würden Sie sich heute noch einmal für diesen Berufsweg entscheiden oder eher eine Ausbildung anstreben, von der Eltern behaupten, „da hast Du was Sicheres“?
Schumann: Das ist schwer zu beantworten. Schauspiel ist meine große Leidenschaft. Es macht mich glücklich, auf der Bühne zu stehen. Aber man braucht auch Glück, um davon leben zu können. Mein Engagement für die Comedy-Serie „RTL-Samstag-Nacht“ in den 1990er Jahren machte vieles einfacher. Heute ist es wichtig, in diesem Beruf mehrere Standbeine zu haben. Ich selbst arbeite auch als Synchronsprecherin und habe ein Buch geschrieben. Manche Kollegen haben Soloprogramme oder arbeiten als Schauspiel-, Gesangs- oder Tanzlehrer.
Wie wir bis Ende der 90er Jahre Samstagnächte verbracht haben, wissen wir noch genau. Oft mit Ihnen auf dem Sender. Wie sieht für Sie heute ein perfekter Samstagabend aus?
Schumann: Den einen perfekten Abend gibt es nicht. „Perfekte“ Abende sind bei Produktionen wie dem „Rössl“, mit Gesang und Tanz auf der Bühne zu stehen; aber auch, wenn ich selbst ins Theater gehe. Perfekt ist es, bewusst zu leben und zu genießen.
Wie genugtuend war und ist es für Sie, auf der Straße erkannt zu werden?
Schumann: Das ist mir natürlich nicht ganz egal, aber fürs „Standing“ ist richtige Balance wichtig zwischen erkannt werden, aber auch mal „anonym“ einkaufen gehen zu können.
Wie viel bedeutet Ihnen direkter Zuspruch vom Publikum?
Schumann: Jeder freut sich über den Zuspruch des Publikums. Es ist ein gutes Gefühl, wenn die Pointe sitzt und man Applaus bekommt. Komik ist eine schwere Choreographie. Aber sie lohnt sich. Ich erinnere mich an eine depressive Frau in Braunschweig, die sagte einmal: „Ohne euch wäre ich eingegangen. Ihr seid meine Medizin.“
Was empfiehlt Sie als Nordlicht eigentlich für die Rolle der Josepha, der Wirtin am Wolfgangsee?
Schumann: Die Frage müssten Sie eigentlich meinem Regisseur stellen. Ich würde sagen, ich bin ein lebenslustiger und mitreißender Mensch. Diese Energie braucht die Rössl-Wirtin; sie ist resolut, hat aber einen weichen Kern; für diese Rolle muss man viel Gefühl haben. Und es auch zeigen können.
Die Proben gehen dem Ende zu, am Samstag ist Premiere. Wie haben Sie bisher Ihre Tage in Neersen verbracht?
Schumann: Teilweise beginnen unsere Proben erst mittags, weil die Kollegen morgens im „Dschungelbuch“ mitspielen; ich muss also nicht ganz so früh raus und habe Zeit für meine Morgenroutine - eine Stunde Sport: Pilates, Aerobic, Gymnastik, Terra-Bänder. So gehe ich frisch gestählt in den Tag; abends nach der Probe genieße ich die Ruhe. Meine beste Freundin aus Pulheim ist häufig zu Besuch; oder ich fahre mit dem Fahrrad durch die Felder.
Neersen, Niederrhein - wie gut kennen Sie diese Ecke? Was gefällt Ihnen besonders?
Schumann: Ich kannte die Ecke quasi gar nicht, bin nur bis Düsseldorf gekommen. Die Nähe zu Holland ist toll. Ein Ausflug nach Maastricht hat sich wie Urlaub angefühlt. Als Großstadtmensch, wie ich einer bin, ist es toll, um runterzukommen. Und mit dem Rad durch die Natur zu fahren, das weckt Kindheitserinnerungen. Ich erlebe einen tollen Sommer hier, treffe nette Leute.
Wo sind Sie untergebracht?
Schumann: Ich sollte bei Freunden in Mönchengladbach wohnen, aber das hat doch nicht geklappt. So habe ich ganz kurzfristig eine möblierte Wohnung zentral in Neersen bekommen.
Man hört oft von der Schauspieler-Einsamkeit im Hotelzimmer. Ist das bei solch’ kleineren, ja familiäreren Produktionen anders?
Schumann: An sich schon. Man lernt die Kollegen während der Proben besser kennen; es sind tolle Kollegen hier in Neersen; weil die eine Hälfte morgens im Kinderstück, die andere Hälfte abends in „Charleys Tante“ spielt, sind gemeinsame Abende selten; aber man läuft sich häufig über den Weg und trifft sich spontan. Mal „für sich sein“ ist aber auch ganz schön.
Brot und Spiele - ein Schauspieler muss lächeln - oft unabhängig davon, wie es ihm geht. Wie sehr müssen Sie täglich an die Öffentlichkeit und Ihren eigenen Marktwert denken?
Schumann: Nicht häufig; das ist kein präsenter Gedanke. Ich habe bis zur Spielzeit 2019/20 schon Engagements. Das entspannt. In den vergangenen Jahren lief es sehr gut. Ich habe treue Intendanten und Regisseure, die mich oft engagieren.
Welche Frage können Sie in einem Interview nicht mehr hören?
Schumann: „Können Sie mal die Schreinemakers machen?“ Diese Rolle aus „RTL-Samstag-Nacht“; ist ein Image, das sich eingebrannt hat. Das wird man schwer wieder los.
Wenn Sie sich selbst interviewen könnten, welche Frage würden Sie sich stellen?
Schumann: „Welche „Herzensrolle“ steht ganz oben auf Ihrer Wunschliste?“ Die Antwort gebe ich auch gleich: Ein „Mantel und Degen“-Film à la Musketiere oder eine Rolle in einem Western.
Was würde Sie am meisten freuen nach der Premiere in Neersen?
Schumann: Dass die Premiere super klappt, die Leute angetan sind — daran habe ich wenig Zweifel — und zu den Schlossfestspielen strömen.
Haben Sie schon einen Lieblingsplatz am Schloss?
Schumann: Den Balkon am kleinen Sitzungssaal auf der Rückseite des Schlosses.