„Den Zeugen kann man nichts glauben“

Freispruch im Prozess gegen einen 28-Jährigen wegen schweren Raubes.

Willich. Der Fall schien von Anfang an klar: 28-Jähriger zieht während eines Streits in einer Willicher Wohnung eine Waffe, setzt sie seinem Kontrahenten an den Kopf, nimmt dessen Portmonee und verschwindet.

Bei der Polizei geben drei Zeugen genau das zu Protokoll. Der Mann wird in U-Haft genommen, während des Verfahrens äußert er sich nicht. Aber am Ende steht ein Freispruch. Er wird für fünf Monate und zehn Tage Haft entschädigt.

"Diesen Zeugen kann man nichts glauben", erklärte der Richter. Bei der letzten Verhandlung hatte eine der Belastungszeuginnen weder die fragliche gestohlene Summe von 1250 Euro noch die Waffe bestätigt.

Am Mittwoch vernahm das Landgericht die anderen beiden Haupt-Zeugen. Und die berichteten von einer Bedrohung mit einem Revolver und anschließendem Raub.

"Manni (der Angeklagte; Anm. d. Redaktion) ist aufgesprungen, zog eine Pistole aus der Hose und hielt sie mir an den Kopf", berichtete der Schrotthändler (32). Dann habe er das Portmonee genommen und sei abgehauen.

Bei den Details verhedderte sich der Mann derart, dass seine Glaubwürdigkeit unter Null sank. Mit der Findigkeit des Richters hatte er nicht gerechnet. Beispiel? Das angeblich gestohlene Portmonee enthielt u.a. seinen Sozialversicherungsausweis.

"Den habe ich neu beantragen müssen", erklärte der Mann. Der Richter ließ sich das Portmonee aushändigen und fand einen Sozialversicherungsausweis - der vor dem Diebstahl ausgestellt worden war.

Merkwürdig auch die Vernehmung seiner Lebensgefährtin. Ja, sie habe klar gesehen, wie der Angeklagte ihrem Mann eine Waffe an den Kopf hielt. Von vorne, ganz sicher. Genauso sicher war ihr Lebensgefährte - allerdings, dass ihm der Revolver von hinten an den Kopf gehalten worden war.

Es sei nichts beweisbar, erklärte der Richter den Freispruch. Den hatten auch Staatsanwaltschaft und Verteidigerin Ulrike Frentzen gefordert. Das Pärchen war übrigens dreimal nicht erschienen. Gegen den Hauptbelastungszeugen lag in anderer Sache ein Haftbefehl vor. Er verließ das Gericht nicht als freier Mann. Auf beide wartet ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage.