Die Fatschenkinder aus Tönisvorst
Katharina Fünders (81) stellt Puppen her, die den neugeborenen Jesus darstellen.
Tönisvorst. Keine Weihnachtspredigt ohne das Evangelium des Lukas: „Maria gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe.“ Das ist der Mittelpunkt des Weihnachtsfestes — die Anbetung des Jesuskindes.
Viele verschiedene Formen der Anbetung haben sich seitdem in der Welt verbreitet. Eine besondere süddeutsche Ausprägung findet sich in den Fatschenkindern. Dabei handelt es sich um kleine, liebevoll hergestellte Puppen, die den neugeborenen Jesus darstellen.
Fatschenkinder entstanden schon früh - seit dem Mittelalter für Klöster. Die Bezeichnung dieser besonders geschmückten Puppen kommt vom italienischen Wort fascia - Wiegenband. Gewickelte Baby-Puppen also, die wunderschön geschmückt werden.
Zum Beispiel von Katharina Fünders - der Nachname erinnert an ihren Schwiegervater, der an der Krefelder Werkkunstschule tätig war. Sie lebt in Tönisvorst und hat sich schon ihr Leben lang für Kunst und Kunsthandwerk interessiert. Der Impuls für die eigene Herstellung der Fatschenkinder kam von ihrer Tochter. Sie arbeitete in Süddeutschland und wurde auf die Fatschenkinder aufmerksam. Sie brachte ihrer Mutter die Idee mit, die alsbald Gestalt annahm.
„Schnell geht das nicht“, sagt die mittlerweile 81-jährige alte Dame. Schon im Herbst muss man mit der Herstellung von Fatschenkindern beginnen, damit man zum Heiligen Abend fertig ist. Seit Jahren macht sie das und schmückt ihre Jesukindlein mit Gold- und Silberdraht, mit Brokat und Litzen, mit Borten, Perlen und Spitzen, mit Gold und Bordüren.
Allen Fatschenkindern nördlich und südlich der Alpen gemeinsam ist der kleine gewickelte Körper. Die Verschönerung und Gestaltung liegt in der Hand des Künstlers. Goldborte, Spitzen, Perlen und Kristalle schmücken das Baby, das Erlösung verspricht.
Die gewickelten Jesuskinder liegen in Krippen und Pappschachteln, in gläsernen Kästen und in Vitrinen. In den Klöstern galten sie als „Seelentrösterlein“. Den Novizinnen und Nonnen wurden die Jesus-Püppchen beim Eintritt ins Kloster gestattet. Weltlichen Liebhabern dieser Figuren ist jederzeit der Zugang gestattet.
Und manchmal kommen sogar Figuren zu ihren Schöpfern zurück: „Eine Freundin hat mir die Fatscherl vererbt, die ich für sie angefertigt hatte“, erzählt Katharina Fünders. chs