Energiewende in Willich Mieterstrom: Nachhaltige Energie für Mietshäuser

Willich · Die Stadtwerke Willich bieten seit vier Jahren Mieterstrom an. Was das genau ist, wie er zu bekommen ist und welche Vorteile sich ergeben, erklärt der Verantwortliche für das Projekt, Dimitrios Trentos.

Dimitrios Trentos (re., hier mit Christoph Lankers) von den Stadtwerken Willich erläutert das Konzept des Mieterstroms, meist aus PV.

Foto: Norbert Prümen

Die Energiewende ist das vielleicht größte und ambitionierteste Projekt der Menschheit überhaupt – und zugleich eines mit viel Potenzial. Denn ist die Infrastruktur für eine Vollversorgung mit regenerativen Energien einmal aufgebaut, ist sie nicht nur nachhaltig, sondern auch in jeder Hinsicht sicher, stabil und vor allem fast kostenlos. Wie, wann, sogar ob dieser Zustand aber erreicht werden kann, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Einer, der hier an vorderster Front aktiv ist, ist Dimitrios Trentos. Er ist verantwortlich für die Projektierung und Umsetzung von Mieterstromprojekten bei den Stadtwerken Willich (STW).

Doch was ist das und wie funktioniert es? „Mieterstrom ist prinzipiell ein System, bei dem wir zusammen mit den Besitzern von Immobilien, in diesem Fall Mehrfamilienhäusern, und deren Mietern, eine nachhaltige Energieversorgung der Immobilien konzipieren und umsetzen. Klassisch geht es dabei vor allem um Photovoltaikanlagen (PV) auf dem Dach oder um Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme zugleich produzieren. Denkbar wäre auch Wind, aber hier sind entsprechende Auflagen wie Abstände oft schwierig zu erfüllen“, erläutert er.

Der Ablauf: Ein Inhaber einer Immobilie kontaktiert die STW, beispielsweise für eine PV-Anlage auf seiner Immobilie. Im Idealfall stellt er dann die Dachfläche gegen eine Pacht zur Verfügung, und die STW bauen die Anlage. Diese wird dann mit dem Haus-Stromanschluss gekoppelt, und die Mieter nehmen vergünstigten Strom ab. „Das ist dann sozusagen eine Win-win-win-Situation. Der Vermieter erhält die Pacht und kann seinen Mietern einen zusätzlichen Benefit, den günstigeren und klimafreundlichen Strom, anbieten. Außerdem tut er etwas für Umwelt und Energiewende. Der Mieter deckt bis zu 30 Prozent seines Strombedarfs durch die Anlage. Dieser Strom ist deutlich preisgünstiger als der über das Netz bezogene. Der zu zahlende Strompreis für den Mieterstrom und den zusätzlichen Strombezug darf 90 Prozent des in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs nicht überschreiten. Für uns rechnet sich der Mieterstrom ebenfalls, da wir ihn entsprechend noch günstiger produzieren. Die Anlagen amortisieren sich klassisch nach etwa 18 Jahren vollständig, und danach produzieren sie zusätzlich weiterhin Strom“, erklärt Trentos weiter.

Am Haus müssen vorab einige Investitionen getätigt werden

Allerdings sei nicht immer alles so unkompliziert. „Wichtig ist: Jeder Fall ist ein eigenes Projekt. Dafür muss viel geprüft werden: Wie groß ist die Dachfläche, wie ist die Ausrichtung, ist das Projekt wirtschaftlich? Ist die Statik des Daches ausreichend? Und nicht zuletzt müssen die elektrischen Installationen im Haus überarbeitet werden. Mit neuen Zählern ist es im Normalfall nicht getan. Hier sind weitere Kosten zu schultern“, sagt der 50-Jährige, der seit seiner Ausbildung, seit 34 Jahren, bei den STW arbeitet.

Mieterstrom sei in dieser Form nur für einzelne Immobilien möglich. „Rein gesetzlich ist es an ein Flurstück gebunden. Wir können nicht ganze Nachbarschaften zusammenschalten. Das wäre auch von der Unterverteilung problematisch, da es sich ja dann um mehrere Anschlüsse handelt“, sagt der Fachmann. Allerdings gebe es heute auch ähnliche Systeme für Quartiere. „Im Neubau ist vieles darstellbar, was im Altbau nicht geht. Wird die ganze Verkabelung von vorn herein auf so etwas eingestellt, dann können wir rein technisch auch Quartierslösungen anbieten. Ob das dann rechtlich gesehen Mieterstrom ist, ist eine andere Frage. Technisch wäre es aber dasselbe Prinzip“, erklärt der Abteilungsleiter Energiedienstleistungen.

Mieterstrom bedeute dabei aber nicht zwingend, dass ein Mietverhältnis zugrunde liegen muss. „Wir können dasselbe Prinzip auch bei Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen anbieten. Da wäre dann sozusagen die Hausverwaltung unser Ansprechpartner an Stelle eines Vermieters“, erläutert Trentos. Wichtig auch: Kein Mieter ist gezwungen, den vergünstigten Strom vom Dach abzunehmen. Dies sei auch nur in Verbindung mit einem eigenen Stromvertrag bei den Stadtwerken möglich. „Wenn jemand seinen Strom bei einem Drittversorger bezieht, können wir natürlich nicht einfach so Strom zuliefern. Das wäre abrechnungstechnisch nicht darstellbar. Darum ist das nur in Verbindung mit einem Vertrag bei uns möglich. Aber jeder Mieder oder Eigentümer darf natürlich auch beim bisherigen Anbieter blieben. Die Frage ist dann natürlich nur, inwiefern sich das ganze Projekt für alle Beteiligten rechnet“, sagt er.

Solche Fragen seien wohl auch der Grund, warum viele Versorger solche Modelle nicht anbieten. „Mieterstrom ist keine Stangenware. Wir müssen jedes Projekt einzeln analysieren und kalkulieren. Das macht es auf Seiten des Anbieter schon zu einer relativ aufwendigen Sache in der Einrichtung. Wenn es einmal läuft, dann ist es durchaus rentabel und vor allem ein wichtiger Beitrag zur Energie von morgen. Aber dieser Zustand muss erst erarbeitet werden. Ich selbst erachte es als wichtig und erfüllend, in diesem Bereich zu arbeiten und meinen Beitrag zu leisten, und bin froh, dass die STW es anbieten“, betont Trentos.