,Ein Lehrer muss authentisch sein’

Rektorin Monika Ricken geht zu Beginn der Sommerferien in den Vorruhestand. Mit ihr endet die Ära der Realschule Tönisvorst.

Foto: Friedhelm Reimann

Tönisvorst. Mit der Schulform, der aus pädagogischer und emotionaler Überzeugung ihr Lehrerherz gehört, teilt sie nicht nur den Anfangsbuchstaben ihres Namens. Das R wie Realschule war viele Jahre lang mit der beruflichen Karriere von Rektorin Monika Ricken untrennbar verbunden.

Wenn sich vor den Sommerferien nun die Türen am Standort Kirchenfeld schließen und die Leonardo-da-Vinci-Realschule Tönisvorst dann ein — wenn auch nachhallendes — geschichtliches Kapitel Tönisvorster Stadtgeschichte sein wird, endet auch Rickens Schulzeit. Sie geht in den Vorruhestand. Ein Zufall ist die Gleichzeitigkeit der Ereignisse nicht.

Monika Ricken, gebürtige Grefratherin, Jahrgang 1957, eine Januar-Geborene im Sternkreiszeichen Steinbock, ist in Krefeld aufgewachsen und auch zur Schule gegangen. Bereits lange vor ihrem Abitur 1975 stand für sie fest: „Ich möchte Lehrerin werden.“ Das wusste sie bereits als 15-Jährige, vor der Mittleren Reife. Mit Kindern „habe ich immer gerne gearbeitet“, sagt sie, in der Jugendgruppe ihrer Pfarre beispielsweise. Der Lehrberuf war sozusagen frühe Berufung.

Mathematik und Chemie waren die Fächer, die sie als Studentin zunächst in Mainz und anschließend in Aachen vertieft hat. „Englisch wäre auch etwas gewesen. Aber Mathematik habe ich mir in der Vermittlung als Fach einfacher vorgestellt. Weil es strukturierter und logischer ist.“

Monika Ricken zur Frage, warum sie 1997 nach Tönisvorst wechselte

Als Referendarin unterrichtete und arbeitete Monika Ricken in Klassen- und Lehrerzimmern von Haupt- und Realschule und Gymnasium. Ihren ersten Jahresvertrag erhielt sie an der Realschule in Rheydt. „1986 erfolgte die Verbeamtung.“ An das Gefühl des Angekommen-Seins damals erinnert sie sich bis heute sehr gut.

Einen guten Lehrer, sagt Ricken, mache aus, dass er ein „großes Maß an Selbstbewusstsein“ habe. Und „Begeisterungsfähigkeit. Ein Lehrer muss authentisch sein“. Ihr persönlich sei in ihren Lehrer- und Leitungsjahren immer ein vertrauensvolles und respektvolles Verhältnis zu Schülern und Kollegen wichtig gewesen, sagt Ricken. Das „wertschätzendes Miteinander“ nennt sie als wesentliches Merkmal für eine gute Stimmung in einer Schule. „Austausch ist ganz wichtig.“

Nach 14 Jahren in Rheydt wechselte Monika Ricken 1997 zur Realschule nach Tönisvorst. „Ich hatte von dem guten Arbeitsklima in der Schule gehört.“ 40 Jahre alt war sie zu dem Zeitpunkt, verheiratet, Mutter einer Tochter. „Familie wollte ich immer haben“, betont sie. Die Möglichkeit, in der Zeit, als die Tochter „klein war, Teilzeit arbeiten zu gehen“, habe sie als „Riesenprivileg“ empfunden.

Mit Karriere habe sie „nichts am Hut gehabt. Das stand nicht auf meinem Plan.“ Aber Mitarbeit an ausgefeilten und detailliert abgestimmten Stundenplänen reizte sie, die Koordinierung und Optimierung von Prozessen und Personaleinsatz im System Schule - auch dies qualifizierte sie schließlich zur Konrektorin, später, als Nachfolgerin von Monika Röttsches, zur Leiterin der Tönisvorster Realschule.

Monika Ricken im Rückblick

Diese habe sich im Aufschwung befunden, mitten in der weiteren Professionalisierungsphase, als das unausweichliche Aus der Hauptschule auch die Zukunft der Realschule erfasste. Der Prozess habe sich nicht aufhalten lassen. „Man hätte sich mehr Zeit nehmen sollen“, sagt Ricken über die politische Diskussion. Die Schule, die gute Auslastung und Anmeldezahlen vorwies, brach als Schulform vor Ort weg. Ihr Auslaufen wurde beschlossen. Im Juli wird er besiegelt.

„Die Realschule hatte im Mittelbau des dreigliedrigen Systems ein sehr gutes Standing, war breit aufgestellt“, so Ricken. In der politischen Abwägung war sie schließlich chancenlos. Dem Ja zur landesweit neu eingeführten Sekundarschule folgte alsbald die Umformierung zur Gesamtschule. Tönisvorst ist im zweigliedrigen Schulsystem angekommen.

Ricken hat sich dazu entschieden, in den Vorruhestand zu gehen. „Ich habe seit Dezember ein Enkelkind und freue mich, mehr Zeit mit ihm verbringen zu können.“ Frei sein, Zeit haben — das möchte sie auch für Reisen. Nach Kanada beispielsweise. Rein ins Wohnmobil, losfahren, Natur erleben, Städte besichtigen. Und: „Das Meer ist meins.“

Monika Ricken würde „jederzeit wieder diesen Beruf ergreifen“. Für alle weiter an und in der Schule Wirkenden wünscht sie sich, „dass man ein grundlegendes Schulsystem festlegt, ob ein-, zwei- oder dreigliedrig. Es geht darum, landesweit Ruhe hineinzubringen und sich immer wieder zu fragen, wie man es erreicht, dass ein Schüler — seinen Fähigkeiten entsprechend — den höchsten Bildungsgrad erreichen kann.“

Als Beispiel beschreibt sie ein College in den Niederlanden, mittendrin mit verankertem Sozialzentrum für alle Schüler: mit Schulpsychologischem Dienst, Café, Mensa, Berufsberatung. „Wie ein Schuldorf“, in dem die Schüler differenziert unterrichtet werden.

„Lehrer sollten von allen Verwaltungsdiensten, die möglich sind, entlastet werden, damit sie sich auf die Vermittlung konzentrieren können. Gute Planung und Organisation sind das A und O.“ Warum könne, nennt sie als Beispiel, nicht ein Chemiker im Team sein, der für alle Lehrer Versuche für den Unterricht vorbereite, die Dinge zusammensuche und zusammenstelle. Die Zeitersparnis komme den Schülern zugute. Sang- und klanglos wird sich die Leonardo-da-Vinci-Realschule nicht verabschieden. Am 29. Juni wird Abschied gefeiert — auch mit Ehemaligen, die wie Monika Ricken die stabilen Zeiten erlebt haben.