Debatte um Vorster Windräder „Der Strom muss irgendwo herkommen“

Tönisvorst · Interview Joachim Schulenburg ist Leiter der Projektentwicklung bei der SL-Windenergie. Er spricht über die Pläne für Vorst.

Joachim Schulenburg ist Leiter der Projektentwicklung bei der SL-Windenergie GmbH.

Foto: SL Windenenergie GmbH

Joachim Schulenburg ist Leiter der Projektentwicklung bei der SL-Windenergie GmbH. Das Gladbecker Unternehmen errichtet in Vorst zwei Windräder, was derzeit Politik und Bürger umtreibt. Mit der WZ sprach Schulenburg über das umstrittene Projekt.

Herr Schulenburg, was genau ist in Vorst durch das Unternehmen SL-Windenergie geplant?

Schulenburg: Geplant sind am Ortsrand von Vorst in Richtung Süchteln zwei Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 135 Metern, einem Rotorradius von 64 Metern und einer Gesamthöhe – bei vertikal stehendem Rotor – von 199 Metern bis zur Flügelspitze. Die beiden Anlagen haben eine Nennleistung von jeweils 4,2 Megawatt. Geht man von etwa 3500 kWh Stromverbrauch eines Drei-Personen-Haushaltes aus, so werden die beiden Anlagen voraussichtlich mindestens 6000 Haushalte mit Strom versorgen können.

Sie pachten in Vorst landwirtschaftliche Flächen und bauen darauf diese Anlagen, die auch von Ihnen betrieben werden – ist das ein typisches „Windenergie“-Prozedere am Niederrhein?

Schulenburg: Ja, das ist nicht nur bei uns Standard, sondern auch bei den meisten anderen Windanlagenbetreibern, und das deutschlandweit. Da der Standort der Windenergieanlage nicht die ganze Acker- oder Weidefläche beansprucht, bleibt das Flurstück ansonsten in der landwirtschaftlichen Nutzung. Entsprechend bleibt das Flurstück auch im Eigentum des Besitzers, der uns die Aufstellmöglichkeit über eine Pachtzahlung erlaubt. Während der Bauzeit werden temporär weitere Bau- und Lagerflächen benötigt, die aber umgehend nach Beendigung der Errichtung wieder zur landwirtschaftlichen Nutzung bereit gestellt werden.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell genau aus, womit machen Sie genau Ihren Umsatz und Gewinn?

Schulenburg: Die SL Windenergie GmbH als Projektierer der Standorte ist Teil der SL Naturenergie Unternehmensgruppe, zu der auch die künftige Betreibergesellschaft gehört. Entsprechend führen wir neben der Planung auch den Betrieb der Anlagen. Wir veräußern keine Anlagen an externe Dritte. Umsatz und Gewinn resultieren aus der Einspeisung des durch die Windenergieanlagen erzeugten Stroms in das Netz zur Versorgung der Bevölkerung. In unserem Geschäftsmodell versuchen wir umfangreiche kommunale und regionale Wertschöpfung aus dem Anlagenbetrieb zu generieren, zum Beispiel durch finanzielle Bürgerbeteiligung, Verbleib der Gewerbesteuer in der Kommune und auch durch die Förderung gemeinnütziger Einrichtungen und Vereine über unsere eigene Stiftung.

Nicht jeder mag die gigantischen Rotorblätter: Wie gehen Sie mit lokalem Widerstand gegen Windräder um?

Schulenburg: Grundsätzlich sind unterschiedliche Meinungen zu Windstandorten völlig normal, sofern hierfür sachliche Gründe ausschlaggebend sind. Fakt ist aber auch, dass der Strom irgendwo herkommen muss, sofern wir es wirklich mit der Energiewende ernst nehmen. Hinsichtlich der eventuell durch Windenergieanlagen beeinflussten Drittbelangen, wie beispielsweise der Artenschutz, wird im Genehmigungsverfahren eine umfassende Prüfung vorgenommen, in der diverse Behörden, Fachverbände und Beteiligte eingebunden werden, so dass im Ergebnis eine fach- und sachgerechte Bewertung des Vorhabens zugrunde liegt. Für Vorst konkret ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung, die auch die Baugenehmigung beinhaltet, vom zuständigen Kreis Viersen am 31. Januar erteilt worden. Ausschlaggebend für die bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit beider Standorte ist die im April 2018 im Regionalplan der Bezirksregierung Düsseldorf ausgewiesene Windvorrangzone in Vorst.

Sie planen außerdem vier Anlagen in Niederkrüchten. Gibt es weitere Projekte im Kreis Viersen, insbesondere in Kempen, Tönisvorst, Grefrath und Willich?

Schulenburg: Nein, bis auf diese sechs Anlagen bestehen derzeit keine weiteren Planungen von uns im Kreis Viersen. Dabei sind die Windverhältnisse in der Region für NRW durchaus überdurchschnittlich, so dass das Windpotenzial positiv zu bewerten ist. Die Frage, wie viele Windstandorte letztendlich rechtlich möglich wären, kann man leider ohne Prüfung diverser Belange wie Immissionsschutz, Baurecht und Denkmalschutz nicht verbindlich beantworten. Grundsätzlich sehe ich aber in den vier Kommunen, eben auch aus diesen Gründen, keine größeren Potenziale mehr.