Tönisvorst „Euro-WG“ zeigt mit Klischees, wie Europa funktioniert
Das Theaterstück war zum Europatag am Michael-Ende-Gymnasium zu Gast.
Tönisvorst. Die Klischees passen. Der deutsche Bedenkenträger Paul, immer korrekt, gerne etwas bevormundend, gründet eine Wohngemeinschaft mit der kühnen und klugen Ingenieurin Sirii aus Finnland, der total abgebrannten und nicht immer ganz ehrlichen Xenia aus Griechenland und dem Lebemann Antonio aus Italien, der die ganze Sache nicht so richtig ernst nimmt. Während Paul und Sirii Regeln aufstellen und sich daran halten, macht Antonio sein eigenes Ding. Xenia droht bei jeder Gelegenheit damit, die WG zu verlassen, weshalb es für sie immer wieder Sonderregeln gibt.
Auch wenn die Griechenland-Krise nicht mehr so aktuell ist wie 2013, als das Stück „Die Euro-WG“ geschrieben wurde — interessant ist das Stück dennoch, denn es erklärt auf eindrucksvolle Weise, wie die EU funktioniert. Beziehungsweise, was dazu führt, dass sie nicht überall gut funktioniert. Der Regisseur und Autor Thomas Nufer und der Projektleiter Dirk Schubert haben das Stück mit und für die Europa-Union NRW als Modellprojekt auf die Beine gestellt. Seitdem touren vier freiberufliche Schauspieler mit der Geschichte durch die Schulen des Landes.
Im Michael-Ende-Gymnasium, das seit 2010 den Titel „Europaschule“ trägt, spielten Claus Becker (Paul), Ludger Wördehoff (Antonio), Franziska Lutz (Xenia) und Lara Albert (Sirii) die WG-Bewohner, die nicht wirklich zusammen passen.
Dabei steht die WG, die kleinste politische und wirtschaftliche Einheit, nicht auf der Bühne, sondern mitten im Forum. Immer wieder tritt Claus Becker aus dem Stück heraus und richtet Fragen an die Schüler der Stufen 9 bis 11, die rundherum sitzen. „Was sollten WG-Mitbewohner mitbringen?“ ist eine dieser Fragen. Kompromissbereitschaft, Geld, Freundlichkeit, gleiche Werte, kommt es aus dem Publikum. Eigenschaften, die wohl auch die Länder der EU mitbringen sollten.
Am Ende des Stücks steht fest, dass zu einer funktionierenden Gemeinschaft noch mehr gehört, nämlich Vertrauen, Ehrlichkeit und die Bereitschaft der Starken, den Schwachen zu helfen. Paul ist zögerlich, aber Sirii ist sicher: „Wir hängen alle voneinander ab. Die Starken müssen dafür sorgen, dass es den Schwachen gut geht, damit es uns allen besser geht.“ Denn, so die Quintessenz, wer in der Doppelhaushälfte wohnt, sollte nicht dabei zusehen, wie das Nachbarhaus abbrennt, sondern helfen, es zu löschen. Solidarität ist das Zauberwort.
Zum Schluss feiern die vier WG-Bewohner, die einige Verrenkungen unternommen haben, um eine gemeinsame Basis zu finden, die wunderschöne, nervige, komplizierte, aber schon so lange friedliche Göttin Europa und stoßen auf die Freiheit an, die es ermöglicht, zu studieren, zu arbeiten, zu leben und zu lieben, wo man will.