Festakt: 50 Jahre Stadt Willich Willichs „Ode an die Freude“
Willich · Festakt im Schloss: 200 Gäste feierten mit dreistündigem Programm den 50. Geburtstag.
Angenommen, die Stadt Willich, nennen wir sie wegen ihrer europäischen Passion doch „Madame Willich“, angenommen, sie wäre eine Fünfzigjährige aus Fleisch und Blut. Sie wäre am Freitagabend – gefeiert, umgarnt, hofiert und beworben – sicher ein ums andere Mal errötet. Komplimente am laufenden Band. Da darf man sich bei allem, über fünf Jahrzehnte erarbeiteten Selbstbewusstsein zurecht geschmeichelt fühlen.
An ihrer Seite hatte Madame Willich einen bestens aufgelegten Udo Holzenthal, ihren Archivar. Er kennt sie wie kein Zweiter. Ihre Geschichte, die ihrer verzweigten Familie, ihre Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen, Vorlieben und Abneigungen. Des Schalks Charme, seine liebenswürdige Ironie und spitzfindige Schlagfertigkeit in der Moderation dürften die Dame – wie ihre Gäste – in höchstem Maße amüsiert haben.
Überzeugte Europäer und Grußbotschafter aus Fernost
200 Geladene bereiteten der Stadt Willich im Neersener Schloss einen dreistündigen Empfang, bei dem sie und andere abwechselnd ins Scheinwerferlicht traten. Nennen wir sie Wegbegleiter, Familienangehörige, Freunde, Nachbarn, (Geschäfts-)Partner, Europäer, Weitgereiste, sogar per Videobotschaft zugeschaltete Gruß-Botschafter aus Fernost.
Sie würdigten die Dame Willich. Versicherten ihr höflich bis kumpelhaft ihre Hochachtung und – je nach Grad der emotionalen Nähe – ihre Zuneigung. Andreas Coenen gratulierte entsprechend anmoderiert in guter Landrats-Tradition seiner „Perle des Kreises“. Er hatte ein Geschenk dabei: Im geplanten Neubau des Kreisarchivs habe man „Reserve eingeplant“. Wohl für den Fall, dass sich die Stadt in punkto Einzug ihrer Akten unters gemeinsame Erinnerungsdach doch noch einmal anders entscheiden sollte.
Willich hatte dem nachhaltigen Werben des Landrats nach Viersen einst nicht nachgegeben. Der lokale Archivar blieb trotz neuerlicher Offerte reserviert. Und dabei waren die 5,8 Millionen, die der Kreisarchiv-Bau in Dülken nun teurer werden soll als geschätzt, an diesem Abend noch gar kein Thema.
Thema blieb Willich, das „Erfolgsmodell“. „Die Stadt ist wer. Sie hat was“, umschrieb Bürgermeister Josef Heyes die „junge 50-Jährige“. 50 Jahre, geprägt von Frieden, Freiheit und Wohlstand, seien ein Geschenk und eine Gnade. Ludwig van Beethovens „Ode an die Freude“ schien ihm für sie als Geburtstagshymne geradezu perfekt.
Aus dem Gedicht „An die Freude“ von Friedrich Schiller, das Beethoven in seiner 9. Sinfonie vertont hat, zitierte auch Hauptgastredner Jan Heinisch, Staatssekretär im Ministerium für Heimat (und vieles mehr) des Landes Nordrhein-Westfalen: „Wem der große Wurf gelungen, eines Freundes Freund zu sein...“ – es ist im Rückblick auf den gesamten Abend ein besonders zutreffendes Zitat. Denn von zahlreichen Freunden war Madame Willich im Schloss umgeben.
Vor allem die Zugereisten ließen sie das spüren. Die strahlende, lebensfrohe französische Delegation um Le Maire Yves Lefebvre, den Bürgermeister der Stadt Linselles, die seit 1966 mit Schiefbahn und seit 1970 mit ganz Willich aufs Engste verbunden ist, teilte sogar ihr Schmuckstück: das Orchester der Stadt, unter dem Dirigat von Philippe Le Meur. Das, betonte Lefebvre, teile man mit niemandem - außer mit Willich. Er feierte die Tiefe der Freundschaft mitten in Europa.
Wie weit geografisch darüber hinaus die Bande der Freundschaft reichen, eröffneten zwei Videobotschaften aus Japan mit Masaharu Kaji, Bürgermeister von Marugame, und Toshihide Uchida, der Stadtratspräsident der japanischen Stadt, in Wort und Bild. Obwohl zunächst kein Satz in der Landessprache zu verstehen war, bekamen die Zuhörer sehr wohl ein gutes Gefühl für die berührende Freundlichkeit dieser Gruß-Botschaften. Und weil Madame Willich ihrerseits Yasuo Inadome an der Seite hat, den Präsidenten des Japan-Club-Willich, wurde jedes Wort übersetzt. „Es lebe die Stadt Willich.“
Grüße ausrichten ließ auch der erste Bürger der Stadt Zogoree, sowohl Willich als auch Linselles mehr als partnerschaftlich zugewandt.
Zum ersten Mal vor Ort war Edgar Avotins, der neu gewählte Bürgermeister von Smiltene. Er macht sich im Sinne eines geeinten Europas für die Fortführung der bilateralen Beziehungen zwischen der lettischen Stadt und Willich stark. Er forderte Willich auf, weiter höhere Ziele anzustreben. Wohl gemäß des Geburtstagsmottos, das Smiltene für Feiern im Juli zur eigenen 100-Jahr-Feier ausgesprochen hat: „Starke Menschen – starke Stadt“.
Nicht alle geladenen Gäste bekamen den Schlussapplaus für Madame Willich mit. Einige waren bereits weiter, unterwegs zur Jahreshauptversammlung des Löschzugs Anrath oder zum Winterball der Schützen Niederheide. Gefeiert und gewürdigt wurden Willicher am Freitag nicht nur im Ratssaal.
Willichs Bürger können 2020 ihre Feier-Kondition beweisen. Der Festakt war nach der Veröffentlichung des Buches „50 Jahre Stadt Willich“ nur der Auftakt des Feierjahres. Nächster Termin: 18. Februar, „50 Jahre in 90 Minuten. Ein Bildvortrag in Schiefbahn“. Mehr als 30 weitere Termine folgen.