Filmriss war für viele Jugendliche das einzige Ziel

Die Einsatzkräfte mussten in Anrath ungewöhnlich viele stark Alkoholisierte versorgen.

Anrath. Abends um sieben Uhr sieht Günther Faßbender ziemlich fertig aus. "Ich bin jetzt seit 10 Uhr im Einsatz und konnte gerade eben erst was essen", sagt der Einsatzleiter des DRK. "Chaos pur" hat er erlebt: "Und das wird immer schlimmer."

Seit vielen Jahrzehnten ist er ehrenamtlich beim Anrather Tulpensonntagszug im Einsatz. Mit dreißig Mitarbeitern hatte er diverse Schnapsleichen aus dem Verkehr zu ziehen. "Bei 20 habe ich aufgehört zu zählen."

Solche Alkoholexzesse bei Jugendlichen an Karneval, das verbindet man eigentlich eher mit den Jeckenhochburgen in Köln und Düsseldorf. Doch auch im beschaulichen Anrath geht es nach dem alljährlichen Umzug heftig zur Sache. Sobald die letzte Kamelle vom Wagen geworfen ist, strömt scheinbar die gesamte Jugend der Stadt zur Feuerwehr an der Fadheiderstraße.

Während in der Feuerwache selbst zur Musik getanzt wurde - ein Wachdienst sorgte dafür, dass Hochprozentige Sachen und stark Angetrunkene draußen blieben - fand um die Halle herum ein einziges Besäufnis statt. Wer dort nach nettem Zusammensein bei einer karnevalistischen Tanzveranstaltung suchte, war völlig fehl am Platz.

Hier stand nur eines auf dem Programm und zwar der seit Wochen geplante Absturz. Es fiel nicht der auf, der vollkommen betrunken an einer Wand lehnte, sondern der, der tatsächlich noch geradeaus laufen konnte.

Die umliegenden Krankenhäuser kannten die Situation schon aus den vorherigen Jahren. Die Rettungswagen standen daher die ganze Zeit bereit und kaum war einer weggefahren, rückte auch schon der nächste nach. Im Minutentakt wurden Betrunkene aus dem Getümmel getragen.

Fünf Krankentransportwagen hatte das DRK rund um das Feuerwehrhaus im Einsatz, forderte noch Unterstützung aus Viersen und von der Stadt Willich an. Und auch die Polizei hatte viel tun: Diverse Schlägereien, gebrochene Nasenbeine und Schnittwunden waren zu verzeichnen. Ein Beamter vor Ort wollte das aber nicht überbewerten: "Das ist im normalen Bereich, wenn sich 10000 bis 12000 Menschen auf der Straße bewegen."

Wie viel am Tulpensonntag tatsächlich getrunken worden war, offenbarte sich gestern: Berge an leeren Glasflaschen standen noch rund um die Feuerwache. Nur der "Spaß an der Freud", der war irgendwo verloren gegangen.