Fotos landeten auf Porno-Seiten
Mit Hilfe des Anrathers Norbert Weinhold wurde ein groß angelegter Bilder-Diebstahl aufgedeckt.
Anrath. Es ging offenbar um Rache, zunächst jedenfalls. Am Ende steht einer der größten privaten Bilder-Diebstähle im Internet, die bislang in Deutschland aktenkundig wurden. Aufgedeckt hat die Angelegenheit der Anrather Norbert Weinhold, IT-Datenschutzexperte und Internet-Aktivist.
Was ist geschehen? Mutmaßlicher Täter „ist ein 28-Jähriger, der in Mittelhessen lebt“, erklärt Weinhold. Dieser Mann habe sich auf allen möglichen Internetseiten und -foren „herumgetrieben“, habe dort Bilder heruntergeladen. Vorzugsweise von Frauen.
„Ganz normale Fotos, von Klassentreffen, Zeugnisübergaben, Uni-Veranstaltungen und Ähnichem“, so Weinhold. Zum Teil habe der Mann auch ganz private Bilder — zum Beispiel von seiner Freundin und deren Bekanntenkreis — eingestellt.
Diese Fotos — als Motiv zunächst völlig unverfänglich — setzte er unter anderem auf Porno-Plattformen und forderte dort die User auf, sie zu verändern.
„Etwa, indem man die Köpfe auf Körper setzt, die in Pornos zu sehen sind“, so Weinhold. „Benutzt diese Fotos. Verbreitet diese Fotos weiter. Fakt (verfälscht; Anm. d. Red.) diese Fotos pornografisch“ — so lauteten die Aufforderungen an die User. Sage und schreibe 15 800 Fotos landeten so im Netz, auch das der Dekanin einer bekannten Universität. Viele Frauen und Mädchen sind aus Deutschland, eine ganze Reihe auch aus NRW. Verbreitet wurde die Angelegenheit weltweit.
Das Fatale: „In 90 Prozent aller Fälle kann man die realen Namen und womöglich die Adressen der Opfer zuordnen“, erklärt der IT-Experte. Es sei schon vorgekommen, dass Frauen bedrängt worden seien, auch telefonisch. „Die meisten haben natürlich überhaupt keine Idee, warum das gerade jetzt passiert“, so Weinhold.
Was treibt so einen Menschen um? Wie gesagt: zunächst Rache. „Offenbar hat er sich zunächst bei einer Ex-Freundin rächen wollen, später hat ihm das Ganze vielleicht gefallen.“ Der Mann habe sogar eine eigene Plattform eröffnet, der sechs Monate lang aktiv war.
Das ist vorbei. „Letzte Woche hat er Besuch von der Polizei bekommen“, sagt der 49-Jährige. Die Beamten hätten die Wohnung durchsucht und jede Menge Material sichergestellt. Anzeige habe seine Ex-Freundin erstattet, sagt der Anrather Privatermittler.
Der mutmaßliche Täter ist nach Auskunft von Weinhold zwischen 27 und 29 Jahre alt sein, er habe in Hessen Wirtschaftswissenschaft studiert und dies mit einem Diplom abgeschlossen. „Dass man so viele seiner Opfer ganz schnell identifizieren kann, war ihm nicht klar“, sagt Weinhold. Er hatte die Identität des Mannes aufgedeckt und der Polizei bei den Ermittlungen geholfen.
Natürlich gebe es auch viele ausländische Opfer. „Die meisten werden von dieser Geschichte wahrscheinlich nie etwas erfahren“, sagt der Anrather, der bei der Plattform Wakeupinternet aktiv ist. Die setzt sich für den Schutz der digitalen Identität ein (siehe Kasten). Die wiederum bei vielen Einrichtungen eine Katastrophe sei. „Ich hatte gerade in jüngster Vergangenheit mit acht Universitäten zu tun, die offene Server hatten.“ Hier habe sich nun wirklich jeder bedienen können.
Laut Weinhold ist der Verein Wakeupinternet der einzige weltweit, der sich mit dieser Art des Foto-Missbrauchs beschäftigt. Zu tun gebe es dabei dabei satt und genug. Alleine derzeit ermittle er an acht ähnlich gelagerten Fällen, sagt der Anrather.