Gartenhäuschen: Ein Fall fürs Gericht
Laube steht auf einem Grundstück, aber im Bereich zweier Bebauungspläne.
St. Tönis. Der Fall ist so kurios, dass er ans Absurde grenzt. Eigentlich kann so etwas nicht vorkommen, aber die Praxis spricht eine andere Sprache. Schauplatz: St. Tönis, ein Baugebiet nahe der Innenstadt. Beteiligte: ein Ehepaar, das nur versucht hat, die Idee von einem Gartenhäuschen in die Realität umzusetzen, und Anwohner. Was zu einer Auseinandersetzung mit der Stadt führte, die vor dem Verwaltungsgericht endete.
Von vorne: Mitte 2011 errichtet das Ehepaar Heinrichs (Name von der Redaktion geändert) auf seinem Grundstück besagtes Gartenhaus. Zuvor hatten die Eheleute 40 Quadratmeter Grundstück vom Nachbarn (pikanterweise die Stadt) dazugekauft, um etwas mehr Platz für sich zu haben und um das Gartenhäuschen in etwa so aufzustellen, wie andere Nachbarn ihre Garage.
„Ja ist denn die Hütte nicht zu groß?“ Das fragt plötzlich jemand. Und macht geltend: Ein Gartenhäuschen darf in diesem Bereich nur 7,5 Quadratmeter Fläche haben. Das Vorhandene hat etwa zehn. Diese Frage wird einem Ausschussvorsitzenden gestellt. Der macht das, was in einem solchen Fall zu tun ist: Er gibt sie an die Stadtverwaltung weiter und bittet um Bearbeitung.
Die Stadt beginnt mit der Prüfung und stellt ein Kuriosum fest: Das Häuschen steht zum Teil auf dem von den Eheleuten zugekauften Grundstück und zum anderen Teil auf dem angestammten Grundstück.
Und befindet sich damit im Bereich von zwei Bebauungsplänen. Was — wie gesagt — eigentlich nicht vorkommen kann, im vorhandenen Fall aber geschah. Was bedeutet: In einem Plangebiet wäre die Hütte unproblematisch, im anderen dürfte sie nicht stehen.
Die kritische Prüfung, wie mit dem Thema umzugehen ist, geht weiter. Sehr wohl hat die Verwaltung registriert, dass es sich bei den Eheleuten Heinrichs um Juristen handelt. „Ich bitte um kritische Prüfung, da ich hier mit erheblichem Widerstand rechne“, heißt es in einer internen Mail aus der Abteilungsleiter-Ebene bei der Stadt.
Außerdem wird die Tatsache, dass die Hütte in zwei Plangebieten steht, durchaus skeptisch beurteilt: „Die Kommentierung gibt dazu nichts her.“
Dennoch bläst die Verwaltung zur Attacke: „Auf die Anhörung sollten wir aus formalen Gründen nicht verzichten, damit uns das Gericht nicht schon aus formalen Gründen die Sache kaputt macht“, heißt es in einer weiteren Mail. Und: „Wir werden die kürzest mögliche Anhörungsfrist setzen.“
Das Ehepaar bekommt den Anhörungsbogen, gefolgt von der Abrissverfügung. Es zieht vor Gericht. Dort argumentiert die Stadt mit einer „Schwerpunkttheorie“. Die besagt, vereinfacht dargestellt, dass der größere Teil des Gartenhäuschens im Bereich des B-Plans steht, in dem er nicht stehen dürfte. Deshalb müsse die Bude weg.
Wie wertete das Gericht die Argumentation? „Die in den Verwaltungsvorgängen vertretene ’Schwerpunkttheorie’ gibt es nicht und ist völlig abwegig“, heißt es im Urteil vom Sommer letzten Jahres.
Und weiter: „Damit scheitert schon die Grundannahme der Ordnungsverfügung.“ Alle angefochtenen Ordnungsverfügungen seien absolut rechtswidrig, alle wurden aufgehoben. Würde man’s salopp ausdrücken: eine schallende Ohrfeige für die Stadt. Die muss zahlen, unter anderem 1190,81 Euro an die Eheleute für die entstandenen Kosten.