Geschichte: Franzosenzeit - Auf den Spuren Napoleons
Zwei Wahl-Schiefbahner haben sich mit der Franzosenzeit beschäftigt.
Schiefbahn. Heinz Guntermann und Wolfgang Schmatke haben die langen Winterabende sinnvoll ausgefüllt: Sie setzten sich mit einem der wohl interessantesten Exponate des Schiefbahner Heimatmuseum auseinander und trugen die Ergebnisse jetzt in „Kamps Pitter“ vor: Das „Journal de Schiefbahn“ war während der Franzosenzeit eine Art Ablagekörbchen für den damaligen Bürgermeister Hauser. Die Abschriften der Briefe in deutscher und französischer Sprache spiegeln die damaligen Lebensverhältnisse wider.
„Kein Wahnsinniger im Ort gemeldet“: Statistiken wurden bereits vor rund 200 Jahren penibel geführt. So bleibt überliefert, dass es im damals rund 1700 Einwohner zählenden Ort keinen Arzt, wohl aber eine 43-jährige Hebamme gab, die gewisse medizinische Grundkenntnisse von Wundarzt Beckers vermittelt bekommen hatte.
Für Holzdiebstahl verhängte das Kreisgericht Kempen eine sechsmonatige Freiheitsstrafe — und am 5. Oktober 1814 vernichtete ein Brand sieben Scheunen, sieben Stallungen sowie zwei Wohnhäuser. Immer im November fand der Fohlenmarkt statt — daraus ging später die Herbstkirmes hervor.
Die Wahl-Schiefbahner Wolfgang Schmatke (70) und Heinz Guntermann (74) haben sich schwerpunktmäßig mit dem Einfluss der Franzosen auf den Alltag auseinandergesetzt, wobei Schmatke seine hervorragenden Französischkenntnisse halfen. Beide Männer gewöhnten sich im Laufe der Zeit an die mit Gänsekiel geschriebene deutsche Kurrent- und die französische Kanzleischrift.
„Der Boss von Bürgermeister Hauser saß in Krefeld, der Big Boss in Aachen“, erklärte Schmatke. Gemeint waren der Unterpräfekt in der Seidenstadt und der Präfekt des Départements in der Karlsstadt. Hauser hatte es nicht immer leicht: In Brief numero 116 vom 6. Mai 1805 unterrichtete er den Unterpräfekten darüber, dass es schwierig sei, in den Reihen der Schiefbahner Männer für den Militärdienst zu werben.
„Kein verdächtiges Individuum konnte arretiert werden“ — wer Soldat war, wollte diesen Zustand häufig eigenmächtig beenden. Deserteure wurden im Rahmen von „Klopfjagden“ aufgespürt.
Lobend äußerte sich Hauser über Napoleons Nordkanalprojekt: Es könne die Transportkosten für Kohle und Kalk aus Brabant senken und für suspekte Elemente eine schwer zu überwindende Schranke darstellen.
Was verstand man vor rund 200 Jahren unter „Rosensammeln“? Gemeint war das Aufsammeln von Mist, der von den weidenden Tieren stammt. Kuhfladen durften jedoch nur von Einwohnern aufgesammelt werden, die selbst Vieh auf den Weiden hatten.
Als die Franzosenzeit zu Ende war, korrespondierte der Bürgermeister mit herrlich gedrechselt wirkenden Formulierungen mit den preußischen Beamten. Die Abgaben wurden jetzt noch höher. Immerhin musste Hauser seinen Beschwerden aber nicht mehr ins Französische übersetzen lassen.