Gestaltung mit der Gießkanne?
Willicher Stadtrat verabschiedet in Nachtsitzung den Haushalt 2018 gegen Stimmen der SPD.
Willich. Erst um kurz vor Mitternacht war es endlich geschafft: Nach mehrstündiger Debatte hat der Willicher Stadtrat am Dienstagabend den Haushalt und den Stellenplan 2018 verabschiedet. Nur die SPD-Fraktion stimmte dagegen, da sie sich mit vielen Anträgen zu Verbesserungen in sozialen Bereichen nicht durchsetzen konnte, während CDU, Grüne, FDP und die neue Fraktion Für Willich das Finanzpaket billigten.
Sprudelnde Steuereinnahmen, ein deutliches Absenken der Kreisumlage und ein (wohl einmaliger) Geldsegen des Landes in Form von Schlüsselzuweisungen (2,1 Millionen Euro) hatten bei vielen Fraktionen Begehrlichkeiten geweckt. „Eine wahre Flut von Haushaltsanträgen“, so Raimund Berg (Grüne) habe es deshalb gegeben — „und trotzdem bleiben 4,3 Millionen Euro übrig“. Das Geld soll in die Rücklagen für schlechte Zeiten gehen.
„Gestalten“ war das Wort des Abends. Schon Johannes Bäumges (CDU) hob in der ersten Haushaltsrede hervor: „Wir sehen uns als Gestalter“ — und ließ gleich erkennen, was damit gemeint ist: „In Haushaltsanträge gegossene Ideen für die Verbesserung der Zukunft unserer Stadt.“
Bäumges verteidigte diese Anträge ausdrücklich: Der Kämmerer habe bei der Haushaltseinbringung Mehrausgaben in Höhe von einer Million Euro eingeplant und sei nie kritisiert worden, die CDU habe aber nur Mehrausgaben in Höhe von 431 000 Euro vorgeschlagen. Das sei keine „Gießkanne“. Genau diese hatte Hans-Joachim Donath (FDP) mitgebracht — schwarz-rot lackiert und mit Geldscheinen verziert, was aber nicht das Abstimmungsverhalten der beiden Fraktionen anzeigte. Vielmehr war am Abend Harmonie zwischen Schwarz und Grün zu erkennen.
Donath kritisierte das große Geldausgeben und erinnerte daran, dass der Schuldenstand der Stadt „bei weit über 100 Millionen Euro“ angekommen sei. Sein Sparappell in Form eines Haushaltsantrags zur Senkung der Kreditaufnahme fand später tatsächlich — in veränderter Form — eine Mehrheit: Alle Geldmittel des Haushalts, die 2018 nicht verwendet werden, sollen zur Absenkung der Dispo-Kredite (derzeit etwa 20 Millionen Euro) verwendet werden.
Dass am Ende nicht weit mehr als eine Million Euro an Mehrausgaben beschlossen wurden, hatte vor allem einen Grund: Fast alle Anträge der SPD wurden abgelehnt oder zur Beratung in einen Fachausschuss verwiesen. Egal, ob es sich dabei um eine kleine Summe (8000 Euro für ein Tandem-Fahrrad für das DRK-Seniorenheim Moosheide) oder eine große Summe (600 000 Euro für Kindergarten-Stellen und die Einrichtung von Großtagespflegestellen) handelte. Auch die Wiedereinführung des Anruf-Sammel-Taxis wird es nicht geben.
Einstimmig beschlossen wurde aber die Digitalisierung des Willicher Stadtarchivs. Und die CDU konnte Ausgaben für ein Grillhüttenkonzept (20 000 Euro), einen Möbelzuschuss fürs St.-Bernhard-Gymnasium (10 000 Euro) und ein Gutachten zur Schaffung einer Veranstaltungshalle in Alt-Willich (10 000 Euro) durchsetzen. Der Standort oberhalb des Rewe-Marktes, den die Christdemokraten ins Gespräch brachten, hat nach Mitteilung der Technischen Beigeordneten Martina Stall aber keine Chance auf Realisierung: Der Verkehrslärm mitten im Wohngebiet vor und nach Veranstaltungen sei viel zu hoch.
Einem nicht fristgerecht eingegangenen Antrag der CDU stimmt nur die FDP nicht zu: An die verstorbene Ehrenbürgermeisterin Käthe Franke sollen Gedenktafeln, ein Straßenname, ein japanischer Rosengarten und eine Bürgerstiftung erinnern. 60 000 Euro wurden dafür zurückgelegt.
Besonderheit der Ratssitzung: Erstmals hielt Detlef Nicola als Chef der neuen Fraktion „Für Willich“ eine Haushaltsrede. Die drei ehemaligen SPD-Politiker stellten aber noch keine eigenen Anträge.