Im Einsatz für die Tafel
Weil bei einer Aktion der WZ nur wenig Geld zusammengekommen war, legten zwei Redakteure selbst Hand an.
Willich. Anneliese Geister nimmt die unbekannte Kurzzeit-Auszubildende bereitwillig unter ihre Fittiche. „Woher kommen Sie?“ Geradewegs von der WZ-Redaktion: „Kollege Dohmen und ich, wir lösen unsere, na, nennen wir es einmal Wettschuld ein.“
Zu Beginn der Adventszeit hatten die WZ-Redakteure Kerstin Reemen, Peter Korall und Werner Dohmen einen Rubbelloskalender gekauft und das öffentliche Versprechen abgegeben: „Wir rubbeln für die Tafeln.“ Der Erlös sollte zu gleichen Teilen an die Willicher Tafel und an die Tönisvorster Hilfe gehen.
Nun, mit je vier Euro am Morgen des Heiligen Abends hatten wir — finanziell betrachtet — nicht wirklich viel für die beiden engagierten Vereine und ihre vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Hand. Also boten wir unsere Tatkraft an. Christa Disselkamp, Vorsitzende der Willicher Tafel, nahm sie dankend an. Am nächsten Freitagvormittag sollten wir uns als Helfer einfinden.
Anneliese Geister aus Schiefbahn, 72 Jahre alt, agil und zupackend, kommt seit sechs Jahren regelmäßig freitags zum Vereinssitz der Willicher Tafel, Fellerhöfe 1, um die Lebensmittelausgabe für den Nachmittag in Anrath vorzubereiten. Sie ist die Herrin der Abteilung „Brot“: „Heute haben wir viel Kuchen“, sagt sie. „Sie können je drei Stücke auf eine Platte legen, und ich packe dann alles in Folie ein.“
Gesagt, getan. Handschuhe an, Tüten und Plastikschalen aus dem Vorratsregal geschnappt und los. Der Berliner mit Puderzucker aus der Bäckertüte wandert neben den Käsekuchen und das Stück Kirschstreusel aufs Mini-Tablett.
Später werden je drei Milchbrötchen oder Croissants in Tüten gepackt und nebeneinander in eine der vielen braun-beigen Packkisten gelegt. „Voll stapelt man die Kisten mit ihren gleichfarbigen Seiten aufeinander. Wenn sie leer sind, im Wechsel der Farben.“ Bei den Tafelmitarbeiterinnen sitzt jeder Handgriff. Jede weiß, was zu tun ist, was wohin muss.
Gleich mehrere der Frauen vom Fach wuseln einen Raum weiter zwischen Spülmaschine, blauen Thermo-Boxen und Lebensmittel-Kisten hin und her. In der Abteilung Obst, Gemüse und Frischeprodukte packen Christine Morgenroth, Melitta Kruse, Marianne Ricken, Angelika Horstmann und Annegret Wenten Kohlrabi, Salate, Äpfel, Mandarinen, Joghurt und, und, und.
Haben die Bananen schon braune Stellen? Müssen welke Salatblätter entfernt werden? Ist das Haltbarkeitsdatum der Milchprodukte in Ordnung? Jedes einzelne Produkt wird kritisch unter die Lupe genommen, bevor es in die Körbe und Kartons wandert. Was den Tafel-Kunden nicht mehr angeboten werden kann, wird aussortiert.
Die blauen Thermo-Boxen werden bis zum Rand mit Joghurt, Milch und Margarine gefüllt. „Aber achten Sie darauf, dass noch Platz für zwei Kühlelemente bleibt“, sagt Melitta Kruse. Zwischendrin erläutert die Meerbuscherin die Funktion der Spülmaschine. Das Spezialgerät reinigt nicht etwa Geschirr, sondern die Plastikkisten. „Das ist auch notwendig, wenn vorher zum Beispiel Fisch oder Gemüse vom Feld drin waren.“
Es klopft an der Tür: Adi Baumann und Wilhelm Glameyer stehen davor und bringen eine neue Lebensmittel-Lieferung. Schon geht das Sortieren und Packen wieder von vorne los.
Wenig später betreten die beiden Männer das Büro von Petra Lopez, die alle Einsatzpläne der Tafelmitarbeiter koordiniert. Sie weiß, wer wann wo die Waren holt, wer sie an welchem Tag sortiert und wer wann und wo die Lebensmittel an Bedürftige verteilt.
Baumann und Glameyer grüßen Anneliese Geister und genehmigen sich eine Tasse Kaffee. Die beiden Fahrer sind das „eingespielte Freitags-Team“. Das eisige Winterwetter hat sie nicht behindert. Sie sind an diesem Vormittag früher mit ihrer Tour fertig als sonst.
Kurz nach 12 Uhr mittags sind die Tische und Theken blitzblank und desinfiziert, die Kühlschränke gesäubert, die leeren Kisten gestapelt, die vollen sortiert, der Müll in den Tonnen und die blauen Tafel-Schürzen überflüssig. Geschafft. Die Frauen sind zufrieden und stimmen sogar einem Abschiedsfoto zu. Für die Zwei von der Zeitung, die einen Vormittag lang aus nächster Nähe erleben durften, wie viele Hände und Hilfe nötig sind, damit in hunderten Haushalten Essen auf den Tisch kommt.