Kleine Münzen, große Gesten
Unterstützerin Anke Engelke bringt action medeor Millionen an Spenden ein. Ebenso willkommen sind die kleinen, einmaligen Zuwendungen. Auch sie spiegeln die hohe Wertschätzung für das Hilfswerk wider.
Vorst. Levent Arica betreibt am Emilie-Horton-Platz in Kempen ein Schreibwarengeschäft. Seit er dort tätig ist, seit etwa zwei Jahren, sammelt der Einzelhändler Ein-, Zwei- und Fünf-Cent-Stücke in einer Dose und liefert regelmäßig einen vollen Münz-Beutel in Vorst ab. Über die Spende freut sich action medeor.
„Man denkt das erst nicht, aber da kommen jedes Mal einige Euro zusammen“, sagt Mitarbeiter Norbert Vloet, Leiter der Bildungsarbeit beim Hilfswerk an der St. Töniser Straße 21.
Warum Arica gerade für medeor sammelt und spendet? Das habe keinen besonderen Grund, sagt er. Nur den: „Ich helfe gern.“
Das trifft laut Vloet und Bernd Pastors, medeor-Vorstandssprecher, auf Überbinger vieler Klein- und Kleinstspenden zu, die sich mit guten Ideen, einmalig oder regelmäßig, für die Anliegen der Notapotheke der Welt einsetzen.
Facebook-Einträge der vergangenen Jahre bestätigen das laufend. Kommunionkinder wie Charlotte und Aron verzichteten auf Geschenke. Schüler wie Philipp, Frederic und Vincent gaben vor drei Jahren mit Kornett, Saxophon und Geige in der Vorweihnachtszeit in der St. Töniser Fußgängerzone ein Straßenkonzert. Die Vorsterin Inge Bräuning rechnete erst im August jeden ihrer 867 zurückgelegten Kilometer auf dem Jakobsweg in einen Euro für Ostafrika-Projekte von medeor um. Andere öffnen ihr Sparschwein für das Hilfswerk.
Beispielsweise Guido und Ruth Beckers. Das Ehepaar aus St. Tönis lädt regelmäßig Familie, Freunde und Bekannte zu Wohnzimmerkonzerten mit ausgewählten Musikern ein. 50 Prozent der Spenden gehen an eine Initiative des Kölner Musikers Wolfgang Niedecken, der mit dem Projekt „Rebound“ Kindersoldaten in Ruanda eine neue Chance geben will. Die andere Hälfte fließt an action medeor. 13 Konzerte in drei Jahren — „über 600 Euro sind so bereits zusammengekommen“, sagt Beckers. Er und seine Frau hätten sich sofort für das Vorster Hilfswerk entschieden: „Ein Teil des Geldes sollte vor Ort bleiben.“
Helfen, wo und wie man kann. Das trifft auch auf Klaus Lenzen aus St. Tönis zu. Er engagiert sich ehrenamtlich für das Vorster Medikamentenhilfswerk, das als Notfallapotheke der Welt bundesweit bekannt ist. Lenzen hilft bei Veranstaltungen an der Kaffee- und Kuchenausgabe, wenn Postsendungen fertig zu machen sind oder wenn der Apfelblütenlauf Kräfte bündelt.
Lenzen ist ein leidenschaftlicher Sammler: Briefmarken, Straßenschilder, alte und ausländische Münzen. . . Das Wissen um monetäre Raritäten stellt er medeor zur Verfügung. Zuletzt erzielte er mit einer Auktion für ein Münzsäckchen 500 Euro. Eine seltene Goldmünze darin brachte den unerwarteten dreistelligen Ertrag für medeor.
Die Beispiele für private Initiativen reißt nicht ab: Betty Hendrix ist Dekorateurin. Die Willicherin gestaltet Schaufenster für verschiedene Einzelhänder. 2016 hat sie auf Weihnachtsgeschenke für ihre Kunden verzichtet und stattdessen an medeor gespendet.
Kleine Summen, große Wirkung: „Ein Euro - so viel kostet eine Malaria-Therapie für Kinder“, sagt Bernd Pastors. Mit einem Euro könnten sechs Tabletten bezahlt und die Krankheit bekämpft werden. „Erhält ein erkranktes Kind keine Medikamente, stirbt es.“
Eine andere Faustregel dafür, dass auch kleine Beträge lohnen, nennt Norbert Vloet: „Mit 25 Cent kann man auf Haiti 20 Liter sauberes Trinkwasser bezahlen.“ 25 Cent — genauso viel, wie eine wiederverwertbare PET-Flasche Pfand kostet. Den Ansatz entwickelten medeor-Azubis zu einer Idee, die seit 2012 immer weitere Kreise zieht. In aktuell 14 Real-, Edeka und Rewe-Märkten in Tönisvorst, Kempen, Viersen, neuerdings auch in Korschenbroich, kann man Pfandbons spenden. Bisher kamen 66 198 Euro für medeor zusammen.
Wie viel ein Euro in Krisengebieten wert ist — „diese Erkenntnis ändert auch das eigene Bewusstsein“, kann Pressesprecherin Susanne Haacker auch von sich selbst behaupten. Bernd Pastors liest in der Vielzahl der Spenden die hohe Wertschätzung der Bürger für das Hilfswerk ab.
Deren Engagement ist noch gar nicht zu Ende erzählt. Da ist etwa die Fußballschule Grenzland, die bei Feriencamps um einen Spenden-Euro für medeor wirbt und vorgestern 2000 Euro spendete. Oder die Briefmarkenfreunde aus Nettetal, die längst eine Dankeschön-Urkunde der Vorster haben. Oder das Kempener Ehepaar Hoffmann, das Einzelhändler davon überzeugt, Spendenboxen aufzustellen. Oder Blumenhändler Michael Eichstädt aus Viersen, der seinen Kunden die Sammelbüchse für Cents hinhält, wenn die nach einer Plastiktüte fragen.
Eine Zahl gilt es noch nachzutragen. Sie ist ein Sprung von Cent zu Millionen. Im vergangenen Jahren ging in Vorst 5,5 Millionen Euro an Spenden ein.