Mathe-Olympiade in St. Tönis
Tobias Wilkat (13) hat bei der Mathe-Olympiade den Landestitel geholt.
St. Tönis. Name? "Tobias Wilkat." Alter? "13 Jahre." Mathe-Note? "Eins. Eigentlich schon immer." So, das wäre geklärt! Ich hätte mir die dritte Frage auch sparen können. Schließlich sitzt mir der Junge gegenüber, der gerade in Bad Oyenhausen das Non-Plus-Ultra in seiner Alterklasse erreicht hat. Als Siebtklässler Landesbester im Wettbewerb Mathematik-Olympiade - mehr geht nicht. Genauer gesagt: Weiter geht’s nicht. Denn der Bundessieger wird erst ab Klasse 8 ermittelt.
Holt der Junge den Titel eben nächstes Jahr ans Michael-Ende-Gymnasium. Da muss man kein Prophet sein. Schließlich bescheinigt auch Hans-Reinhard Biock (seit 1992 am St.Töniser Gymnasium und Mathe-Olympiaden-Organisator im Kreis) diesem Schüler ein überragendes Talent. "Er gehört seit drei Jahren auf Kreisebene immer zu den Besten." Diesmal sogar zu den Landesbesten.
Womit muss sich ein so Ausgezeichneter denn so auseinandersetzen? Schauen wir uns Aufgabe 1 an, eine von dreien, die Tobias lösen musste.
"Ein Gummiband ist vier Meter lang. Eine Ameise sitzt am linken Ende des Bandes und bewegt sich mit der konstanten Geschwindigkeit von einem Meter pro Minute nach rechts. Nach jeder vollen Minute wird das am linken Ende befestigte Band um einen Meter (gleichmäßig) gedehnt. In der wie-vielten Minute erreicht die Ameise das rechte Ende des Bandes?"
Ich frage mich jetzt nur, nach der wievielten Minute ich aus der Prüfung ausgestiegen wäre. Auch der Hinweis "Die Ameise wird als punktförmig betrachtet" hätte mich keinen Millimeter weitergebracht. Tobias hatte keine Probleme. "Da muss man sich eigene Lösungswege überlegen."
"Das hatte einen sehr kreativen Anspruch", betont auch Mathelehrer Biock, der Zahlenverdreher und -nichtversteher aber zu trösten weiß: "Bei solchen Aufgaben kommen auch Mathelehrer ins Schwitzen." Danke!
354 Schüler aus NRW waren zum Landeswettbewerb nach Bad Oeynhausen angereist, 70 aus den siebten Klassen. Manche der anderen Textaufgaben-Tüftler kennt Tobias schon. Er freut sich auf den Austausch mit ihnen, der über die Materie Mathematik mit Klassenkameraden nicht immer ausführlich möglich ist. Klingt für Nicht-Mathematiker wahrscheinlich wie eine Fremdsprache, oder? Tobias lacht. "Jo-ah!".
Wie viel Freizeit mit mathematischer Beschäftigung draufgehe, frage ich ihn. "Nicht viel", sagt der 13-Jährige. Ich glaube ihm sofort. So ein Naturtalent muss nicht nach Komplimenten fischen. Der hat’s drauf.
Hans-Reinhard Biock freut sich auf ihn. Wenn es im Herbst ins nächste Mathe-Olympiaden-Rennen geht. Wenn Tobias endlich in Klasse 9 in den freiwilligen Arbeitskreis Mathematik der Schule kommen kann. Wenn Tobias in die Oberstufe wechselt. Dort unterrichtet Biock. Und so einen "besonders talentierten Schüler" hat er noch nicht gehabt. "Den werden wir fördern!"
Was die Lösung der Mathematik-Aufgabe mit dem Gummiband angeht, werde ich mich jetzt an die Ameisenschutzwarte von Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Willich wenden. Die Mitglieder können den Lösungsweg vielleicht aus ihrer 30-jährigen Erfahrung herleiten. Am 21.März ist Treffen im Gasthof Heidekrug in Willich. Tobias höre ich da schon wieder lachen. Er hat viel Spaß.