Premiere bei den Schlossfestspielen Neersen Nonnen bringen Broadway-Feeling auf die Schlossbühne

Neersen · Das erste Abendstück der 40. Festspielsaison ist ein Musical in reiner Damenbesetzung. Sascha Littigs Inszenierung von „Non(n)sens“ ist schräg, flott und amüsant. Kulturministerin Ina Brandes war Gast der Premiere.

Sascha Littigs Inszenierung von „Non(n)sens“ ist schräg, flott und amüsant.

Foto: Norbert Prümen

Zur Geschichte über fünf Nonnen dürfte die Kostümfrage recht simpel sein? Von wegen: In der Ausstattung der lebenslustigen Ordensfrauen aus Dan Goggins Musical „Non(n)sens“ hält Kostümbildnerin Nuschin Rabet einige Überraschungen parat. Denn ganz ohne Glitter geht Broadway-Feeling nicht. Und davon bieten das Musical aus den 1980er-Jahren, das Ensemblespiel in Sascha Littigs Inszenierung und die unter Heinz-Jürgen Hox’ musikalischer Leitung dargebotenen Songs jede Menge. Lichtregie von Bruder Halogenes und Feuerstrahl unterstreichen Show-Effekte fürs klösterliche Vorhaben. Das Wortspiel im Titel zum Stück ist Programm. Denn die Geschichte über fünf Nonnen mit geheimen Showtalenten ist schräg, ein bisschen verrückt und manchmal auch ein kleines bisschen makaber.

Für die Premierenbesucherinnen und -besucher gab es zur Einstimmung nebst Sekt ein Beutelchen „Nonnenfürzle“, ein Schmalzgebäck aus dem süddeutschen Raum. Zur ersten Abendpremiere der 40. Festspielsaison begrüßten Sabine Mroch vom Festspielverein und Bürgermeister Christian Pakusch mit NRW-Kulturministerin Ina Brandes (beide CDU) die Premierengäste. Lob gab es für kreative Energie, die einen so „wunderbaren“ Kulturgenuss möglich mache, sowie für ein wetterresistentes Publikum.

Alle lassen die
geballte Hand kreisen

Vor dem eigentlichen Start ins Musical mit comedyhaften Zügen schwört Darstellerin Tina Podstawa als temperamentvolle Schwester Robert Anne in Turnschuhen das Publikum auf den Gruß der kleinen Schwestern aus Neersen ein: Alle stehen auf, nehmen den Ruf auf und lassen die geballte Hand kreisen, als wollten sie ein Lasso schwingen. Es soll nicht der einzige Part sein, bei dem das Publikum einbezogen ist. Spiel und Anrede sind betont frontal in Richtung Zuschauerränge ausgerichtet. Betont ist auch mehrfach der Bezug zum Aufführungsort. Tamara Wörner träumt als ambitionierte Schwester Maria Hubert gar davon, die „kleinen Schwestern aus Neersen“ in die großen Nonnen aus Anrath zu verwandeln. Als die Not im Ordenshaus am größten ist, bringt Jan Bodinus, seit zehn Jahren Festspiel-Intendant, Stärkung aus einer Kinderstücktasse.

Zum Inhalt: Nach dem Genuss einer verdorbenen Bouillabaisse starben 52 Nonnen an einer Fischvergiftung. Fünf Ordensfrauen haben dank Abwesenheit wegen eines Kegelausflugs überlebt. Das Quintett plant eine Benefizveranstaltung, da die finanziellen Mittel des Klosters nicht für die Bestattung aller Verstorbenen ausreichen. Vier Ordensfrauen ruhen in der Tiefkühltruhe. Christian Baumgärtel hat das Bühnenbild zum Musical in Kulissenteile des Kinderstücks „Mulan“ hineingebaut. Die Stufen zum Schloss sind klösterlicher Probenraum und schließlich Showbühne. Inmitten des Broadway-Feelings gibt es da sogar klassischen Spitzen- und auch mitreißenden Stepptanz. Der Anfang zündet noch nicht durchgängig. Da wird noch im Stück die Vorgeschichte zur geplanten Benefizveranstaltung in Lied und Wort erzählt. Doch die Mischung aus Liedern, Tanz und Text treibt keck zu auf ein mitreißendes Finale. Die rein weibliche Besetzung mimt, singt und tanzt solistisch und in wechselnden Formationen höchst unterschiedliche Charaktere und Emotionen. Die Darstellerinnen lassen die frommen Damen mit frechen, teilweise haarsträubenden Sprüchen und Pointen mitunter recht weltlich wirken. Inez Timmer mimt Oberin Schwester Maria Regina mit vordergründiger Strenge und Sorge um die Klostergemeinschaft, aber auch hinreißend im geheimen Traum von einer Showkarriere. Ein Kabinettstückchen ist Vanessa Wilceks Auftritt als Schwester Maria Amnesia mit Handpuppe im Klosterhabit. Ähnlich einer Bauchsprecherin wechselt sie in den Tonlagen zwischen zarten Höhen und kernigen Tiefen für die resolute Figur in ihren Händen. Unversehens mischt sie einige Töne aus Mozarts „Zauberflöte“ ein und singt später einen handfesten Country Sound. Tamara Wörner reißt als Schwester Maria Hubert mit kraftvoller Stimme mit. Dabei heizt sie dem Publikum etwa mit einem heißblütigen „Amen“ ein. Clarissa Bruhn komplettiert als Schwester Maria Leo das himmlische Gespann. Das Premierenpublikum dankte mit starkem
Beifall.