Ziel der Verwaltung Projektsteuerung soll besser werden

Tönisvorst · Gelinde gesagt hakt es in der Apfelstadt, wenn es um große Projekte geht. Das haben Politik und Verwaltung erkannt. Der Chief Digital Officer stellte nun vor, was verbessert werden kann.

Marcel Weber ist seit gut anderthalb Jahren für die digitale Transformation der Tönisvorster Stadtverwaltung zuständig. Er stellte vor, wie die zentrale Projektsteuerung in der Apfelstadt aussehen könnte.

Foto: Norbert Prümen

Die Stadt Tönisvorst plant die Einführung einer zentralen Projektsteuerung. Damit sollen die wichtigsten städtischen Vorhaben effizienter und transparenter gesteuert werden. Die Verwaltung verspricht sich davon eine verbesserte Koordination, klarere Verantwortlichkeiten und eine zielgerichtetere Umsetzung. Wie das Konzept aussehen könnte, stellte Marcel Weber jetzt im Stadtrat vor. Weber ist seit gut anderthalb Jahren Chief Digital Officer bei der Stadt Tönisvorst, er kümmert sich also um die digitale Transformation.

Bislang ist es so, dass Projekte dezentral gesteuert und umgesetzt werden. Dies könne schnelle und flexible Ergebnisse bringen, allerdings zeige die Praxis, dass strukturelle Herausforderungen auftreten würden, wenn es bei komplexen Projekten zu Problemen oder Verzögerungen komme, berichtete Weber. Gründe für das Scheitern von Projekten – nicht nur in Tönisvorst – seien etwa unklar formulierte Ziele, sich ständig ändernde Anforderungen sowie unrealistische Erwartungen. Die Politik habe das Gefühl, die Verwaltung arbeite langsam, ineffizient und nicht nachvollziehbar. Die Verwaltung wiederum sehe sich mit Aufgaben aus der Politik überhäuft, die dann auch noch unspezifisch seien. Die Hauptprobleme: mangelnde Kommunikation und fehlendes Verständnis. Diese gegenseitigen Unzufriedenheiten beeinträchtigen laut Weber sowohl die Qualität als auch die fristgerechte Umsetzung von Projekten.

Standardisierte Methoden
und Prozesse gefragt

Um das aufzubrechen, braucht es laut Weber standardisierte Projektmethoden und Prozesse, frühzeitige Risikoanalysen und Maßnahmenplanungen sowie eine zentrale Überwachung von Budget- und Zeitansätzen. Darum soll mit der zentralen Projektsteuerung eine übergeordnete Steuerungsebene für wichtige und strategisch relevante Projekte etabliert werden. Kernaufgaben sind etwa die Evaluation und Definition von Zielen, Ressourcen und Erwartungen zu Projektbeginn, die Besetzung des Projektteams mit geeigneten Fachkräften sowie die Sicherstellung der Dynamik, die Fortschrittsüberwachung und das Risikomanagement.

Zum sogenannten Projektlenkungskreis als Gremium zur Steuerung und für übergeordnete Entscheidungen gehört demnach der Auftraggeber, der verantwortlich für das Gesamtprojekt und strategische Vorgaben ist. Je nach Projekt seien das der Stadtrat, die Ausschüsse oder die Verwaltung. Beim Product Owner liege die fachliche Verantwortung, darum übernehme diese Position meistens der zuständige Fachbereichs- oder Abteilungsleiter. Die operative Umsetzung und die fachliche Realisierung schließlich lägen bei der Projektleitung.

Projekte würden in vier Kategorien priorisiert: Schlüsselprojekte (höchste strategische Bedeutung), Leitprojekte (wichtige strategische Bedeutung), Fokusprojekte (mittlere Relevanz, häufig operativer Charakter) und Standardprojekte (geringe strategische Relevanz, routinemäßige Umsetzung), wobei sich die zentrale Projektsteuerung primär auf Schlüssel- und Leitprojekte konzentriere, da diese den größten Einfluss auf die Stadtentwicklung hätten. Fokus- und Standardprojekte würden in größerer Eigenverantwortung der Fachbereiche realisiert.

Weber schlägt vor, die bestehende Stabsstelle für Digitalisierung für die Einführung der zentralen Projektsteuerung zu erweitern und sie umzubenennen in „Stabsstelle für Innovation, Transformation und zentrale Projektsteuerung“. Diese Umstrukturierung stelle sicher, „dass die strategische Steuerung von Schlüssel- und Leitprojekten innerhalb der Stadtverwaltung organisatorisch verankert und mit geeigneten Ressourcen ausgestattet wird“. Zudem will Weber zusätzlich zu seiner bisherigen Aufgabe die Steuerung zentraler Projekte übernehmen. Eine ergänzende Sachbearbeiterstelle (mittlerer Dienst) soll die operative Abwicklung und Koordination unterstützen. Darüber müsste die Politik im Rahmen ihrer Haushaltsberatungen entscheiden.

„Die Steuerung löst nicht alle Herausforderungen“, betonte Weber, und auch Michael Feiter, Leiter des Fachbereichs C, sagte: „Es ist kein Allheilmittel, aber ein Weg, um besser zu werden, und das sollte immer das Ziel sein.“ Zudem braucht es laut Weber neben der zentralen Projektsteuerung eine kulturelle Veränderung: eine Verbesserung der Kommunikationskanäle und gemeinsames Verständnis innerhalb der Verwaltung. Dies sieht Weber als ein separates Projekt an.

Heidrun Sorgalla (UWT) sagte nach der Präsentation: „Das erfreut mein Herz.“ Die wichtigste Frage für sie aber sei, wie Weber sich seine neue Aufgabe vorstelle. Der konkretisierte, er sei dann nicht Projektleiter, sondern -steuerer und damit zuständig für die Einhaltung der Standards, er agiere also als kommunikatives Bindeglied. Torsten Frick (FDP) sagte in Anlehnung an das Campus-Projekt: „Wir haben sehen müssen, wo es hinführt, wenn man so etwas nicht hat. Das ist traurig und teuer.“ Yannik Cormaux (CDU) sieht die Gefahr eines Kompetenzgerangels, Roland Gobbers (Grüne) den richtigen Ansatz, „den wir hier fahren“. Der fraktionslose Michael Lambertz sagte: „Projektsteuerung ist das, was der Bürgermeister leisten muss, darum brauchen wir diese Stelle nicht.“