Neue Leitlinen für JVA-Mitarbeiter: „Für ein persönliches Gespräch ist kaum Zeit“
Neue Leitlinen stellen die JVA-Mitarbeiter vor Herausforderungen.
Anrath. Noch sind es nur Leitlinien, die den Strafvollzug in NRW neu regeln. „Später sollen sie Gesetz werden“, sagt Beate Peters, Leiterin der Justizvollzugsanstalt (JVA) für Männer in Anrath.
Gemeinsam mit ihrer Kollegin Ulrike Böhm, Chefin der Frauenhaftanstalt, sprach sie mit der WZ über die Auswirkungen der Leitlinien auf ihre Arbeit.
Der Verabschiedung vorangegangen war eine heiße Diskussion darüber, was als oberstes Ziel des Strafvollzugs angesehen werden soll: Schutz der Bevölkerung vor den Tätern oder deren Wiedereingliederung?
„Beides steht nun gleichwertig nebeneinander“, sagt Ulrike Böhm. Sie begrüße das, denn nur vor einem Straftäter, der nach seiner Entlassung straffrei leben könne, sei die Bevölkerung wirklich geschützt. Die Resozialisierung ist außerdem im Strafvollzugsgesetz als Ziel festgeschrieben.
„Das Rad wird mit den Leitlinien nicht neu erfunden“, sagt Beate Peters. „Es kommen allerdings einige Speichen hinzu.“ Die Leitlinie steht unter dem Motto: „Behandlung stärken — Resozialisierung sichern: Aktivierender Strafvollzug in NRW.“ Damit soll die Rückfallquote durch einen Behandlungsvollzug gesenkt werden.
„Das bedeutet: Auch Täter, die sich während der Haft zurückziehen wollen, dürfen nicht in Ruhe gelassen werden. Ständig sollen sie motiviert werden, die Zeit der Haft zu nutzen, um anschließend straffrei zu leben“, erklärt Peters.
In der Leitlinie steht, dass das eine besondere Herausforderung für das Personal darstellen wird. Von einer Erhöhung der Personalquote ist jedoch nicht die Rede. „Dazu kommen unbesetzte Stellen im Vollzugsdienst“, sagt Peters.
Schon heute hätten die Bediensteten genug zu tun: Die Gefangenen müssen zu ihren Arbeitsplätzen, zum Sport, zum Duschen gebracht werden und Essen bekommen. Im Männerhaus ist ein Mitarbeiter pro Schicht für 40 Gefangene verantwortlich, muss an Besprechungen teilnehmen, Stellungnahmen schreiben.
„Da ist kaum Zeit für ein persönliches Gespräch, um Gefangene zu motivieren“, so Peters.
Den Personalschlüssel insgesamt so hoch zu fahren, wie in der Sozialtherapeutischen Abteilung, sei nicht zu finanzieren. Dort sind je zwei Psychologen und Sozialarbeiter sowie sieben bis acht Bedienstete für 24 Gefangene zuständig.
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