Angebot der Evangelischen Gemeinde St. Tönis In der Rikscha durch das Umland

St. Tönis · Ab sofort ist wieder die Rikscha der Evangelischen Gemeinde St. Tönis unterwegs, gut zu erkennen am roten Sonnen­verdeck. Die Mitfahrenden sollen allerdings nicht möglichst schnell irgendwo hingebracht werden – hier ist der Weg das Ziel. Wer mitfahren kann.

Bringen mit der Rikscha Fahrgäste durch die Region (v. li.): Holger Spender, Hans-Reinhart Arndt und Norbert Kremers.

Foto: Norbert Prümen

Eine wunderbare Möglichkeit, die Stadt Tönisvorst und die Umgebung zu erkunden, ist das Fahrrad. Es gibt schöne Strecken, viel zu sehen, und man kann anhalten, wann immer man möchte. Menschen, denen dies nicht möglich ist – sei es wegen des Alters, einer Erkrankung oder einer Behinderung –, können nun wieder Hans-Reinhart Arndt anrufen. Der Ehrenamtler koordiniert das Rikscha-Angebot der Evangelischen Kirchengemeinde St. Tönis. Ab sofort ist das Gefährt mit dem roten Sonnenverdeck wieder unterwegs.

Die Gemeinde hat die Rikscha 2022 mit Mitteln der Tönisvorster Sparkassen-Stiftung und des Netzwerks Demenz im Kreis Viersen für knapp 13.000 Euro angeschafft. Im Jahr darauf wurden damit mehr als 30 Touren gefahren, im etwas regenreicheren Jahr 2024 war es ein bisschen weniger. Fünf Fahrer und zwei Fahrerinnen zwischen 50 und 70 Jahre sind derzeit ehrenamtlich für das Angebot im Einsatz. Sie stimmen sich untereinander ab, „so können wir fast immer auf die Terminwünsche unserer Fahrgäste eingehen“, sagt Arndt, der auch selbst in die Pedale tritt.

In der Rikscha ist Platz für bis zu zwei Fahrgäste. Der Fahrer oder die Fahrerin radelt mit ihnen durch die beiden Ortsteile, blühende Apfelplantagen, aber auch bis nach Kempen, zum Krefelder Stadtwald, die Niers entlang oder gar bis Süchteln. Das Ziel? Das können sich die Mitfahrenden aussuchen, aber ausschlaggebend ist die Zeit bis dahin. Denn die Rikscha dient nicht als schnelles Fortbewegungsmitteln, um zum Arzt zu kommen oder Einkäufe zu erledigen. „Mit der Rikscha wollen wir etwas für Menschen tun, die einsam sind und alleine nicht vor die Tür kommen“, erläutert Koordinator Arndt. „Wir wollen sie in Gesellschaft bringen, denn wir sind soziale Wesen und brauchen Sozialkontakte.“

So fährt das ehrenamtliche Rikscha-Team meist Senioren, die es selbst nicht mehr aufs Fahrrad schaffen, aber ihre Heimat sehen wollen. „Viele waren früher selbst mit dem Rad unterwegs und wollen die Routen noch mal sehen“, sagt Arndt.

Anfang und Ende der
Tour sind zu Hause

Holger Spender etwa fuhr bereits seine 90-jährige Mutter und deren 86 Jahre alte Schwester spazieren. „Dabei kamen sie mal wieder in Gegenden, die sie seit Jahren nicht gesehen haben, alte Geschichten kamen hoch“, erinnert sich der 63-Jährige. Bei einer Rast im Stadtwaldhaus Krefeld tranken sie einen Kaffee, dann ging es zurück nach Hause.

Die Ehrenamtlichen holen die Fahrgäste zu Hause ab und bringen sie nach der Tour auch wieder zurück. Zum bequemen Einstieg kann das Fußbrett der Rikscha hinuntergelassen werden. Es gibt Anschnallgurte, aber Helme sind keine Pflicht. Das Verdeck bietet Schutz vor der Sonne, es gibt Decken gegen die Kälte sowie Platz für einen Picknickkorb. Die Touren können dann stattfinden, wann die Fahrgäste es wünschen, nur eben bei Tageslicht, schränkt Arndt augenzwinkernd ein. Wenn sie einmal sitzen, können sich die Fahrgäste zurücklehnen. „Man kann sicher und gemütlich fahren und hat eine gute Aussicht“, beschreibt Pfarrer Christian Dierlich.

Die Fahrerinnen und Fahrer müssen zwar trampeln, werden dabei aber durch einen Motor unterstützt. „Das war eine totale Umstellung“, sagt Norbert Kremers, der als einer der ersten Ehrenamtlichen für das Projekt zusagte. Zwar sitzt er privat jeden Tag auf dem Fahrrad, Mountainbike oder Rennrad, aber „ein E-Bike ist etwas anderes“. Dazu komme die besondere Lenkung der Rikscha. Darum erhalten neue Fahrerinnen und Fahrer auch eine einstündige Ausbildung in Theorie und Praxis, zur Auffrischung gibt es für alle einmal im Jahr eine Sicherheitsunterweisung. Versichert sind sie über die Ehrenamtsmitarbeit bei der Gemeinde. Bei Regen und starkem Wind bleibt die Rikscha in der Garage der Gemeinde.

Mitfahren kann jeder – unabhängig von der Konfession, erläutert Pfarrer Gierlich. Die Ausflüge sind kostenlos. Koordinator Arndt betont: „Die Leute sollen ihre Scheu verlieren und uns einfach anrufen.“ Sie landen direkt bei ihm und können alles Weitere besprechen. Wer will, kann mit der Rikscha-Fahrt auch einen Verwandten oder Bekannten zum Geburtstag überraschen. „Das machen wir gerne mit“, sagt Arndt.