Noh-Theater: Durch den Fächer fließt die Energie

Luisa Jossifoff hat in Japan eine besondere Kunstform für sich entdeckt.

Schiefbahn. Es gibt in Deutschland wohl nur wenige Menschen, die sich mit dem traditionellen, rund 600 Jahre alten japanischen Noh-Theater befassen. Zu ihnen gehört Luisa Jossifoff. Die Deutsch-Bulgarin und Wahl-Schiefbahnerin hatte am 31. Dezember ihren ersten Noh-Theater-Auftritt in Düsseldorf.

Sieben Jahre lang lebte sie in Japan im Rahmen eines Promotionsstipendiums. Dort erwachte ihre Begeisterung für diese höchst komplexe Kunstform, die bis vor gar nicht so langer Zeit ausschließlich Männern vorbehalten war.

Die Promotion liegt auf Eis, die Faszination für das klassische japanische Maskentheater wirkt nach: Luisa Jossifoff hat in ihrer Wohnung etliche Masken, Fächer und Trommeln, wie sie beim Noh-Theater verwendet werden. "Noh-Theater ist ein Gesamtkunstwerk, bestehend aus Tanz- und Musiktheater, Gesang und Schauspiel", schwärmt sie.

Eigentlich wollte sich Jossifoff, die neben Deutsch und Bulgarisch auch fließend Japanisch sowie einigermaßen gut Koreanisch, Englisch und Französisch spricht, nur theoretisch mit dieser fernöstlichen Kunstform auseinandersetzen. Sie geriet an Hideo Kanze, einen anerkannten Lehrmeister, von dem sie viel gelernt hat. So weiß sie, dass es immer nur ein Bühnenbild gibt - die Kiefer: "Sie steht für ein langes Leben." Der Volksglaube gehe davon aus, dass die Götter in die Kiefern hinabsteigen, um den Menschen nahe zu sein.

Das Noh-Theater verlange eine bestimmte Körperhaltung: "Die Knie müssen gebeugt sein, die Hüftknochen werden nach unten gekippt." Und: "Der Fächer ist die Seele des Spielers, ein ganz bedeutendes Ausdrucksmittel." Noh-Theater habe viel mit Energiefluss zu tun, mit der Dramatisierung von psychischen Zuständen. Die Bühne ist nach drei Seiten hin offen. Meister des Fachs kennen jedes Detail der rund 250 existierenden traditionellen Stücke, können darin jeden Part übernehmen.

Luisa Jossifoff legte am Silvesterabend im Kulturforum Düsseldorf eine rund 15-minütige Darbietung hin - und würde gerne in Übung bleiben. Eins zu eins könne das Noh-Theater ohnehin nicht übernommen werden. "Das wäre viel zu aufwändig. Wir würden Elemente des Noh-Theaters in das europäisch geprägte Theater übernehmen und zu einer Art experimentellem Theater kommen."