Willich "Orgelspiel ist wie ein Lockruf"

Dagmar Schumacher aus Schiefbahn besitzt jetzt das Orgel-Diplom. Abgelegt hat sie es in der Willicher Auferstehungskirche.

Foto: Kurt Lübke

Schiefbahn/Willich. „Spielen Sie doch einmal etwas vor!“ Wer die Schiefbahnerin Dagmar Schumacher zu Hause dazu auffordert, auf ihren Lieblingstasten zu spielen, der wird sich kurz gedulden und mit ihr erst einmal einen Ortswechsel vornehmen müssen. Denn mit einem Orgel-Diplom in der Tasche ist der Proben- und Vorspielraum weitaus größer als die eigenen vier Wände. Die evangelische Kirche der Emmausgemeinde in Willich an der Krusestraße beispielsweise.

Dagmar Schumacher, Jahrgang 1965, hat sich gerade selber ein Geschenk gemacht. Sie hat ihre Liebe zu diesem Instrument mit einem zweijährigen Kirchenförderungsprogramm gefestigt und mit dem bestandenen Orgel-Diplom nun gekrönt.

„Schon wenn ich vor einer Kirche stehe und die Orgel draußen höre, betört mich das. Das ist wie ein Lockruf. Da ist die Musik. Da will ich hin.“

Dagmar Schumacher aus Schiefbahn

Als Zwölfjährige nahm sie Klavierunterricht, spielte zehn Jahre regelmäßig. Mit Anfang 20 steckte sie mitten „im Physikstudium und hatte nicht mehr so viel Zeit“.

Später kamen die Kinder, vier an der Zahl. Noch weniger Zeit, viele andere Verpflichtungen. „Da habe ich nicht mehr weitergemacht“. Heute unterrichtet die Diplom-Physikerin an der Fachhochschule Niederrhein, außerdem noch Mathematik an einer Schule.

Seit fünf Jahren ist Dagmar Schumacher im Chor der Emmaus-Kantorei. Sie liebt es, wenn Kantor Klaus-Peter Pfeifer die Orgel spielt. „Das ist so wunderbar.“

Die Orgel, sagt Schumacher, die spiele man für andere, am Klavier säße man häufig allein. Auch deshalb hat sie diesem gewaltigen Instrument den Vorzug gegenüber dem Klavier gegeben.

Kantor Pfeifer gibt interessierten Jugendlichen Orgelunterricht. „Das wollte ich auch.“ Doch Dagmar Schumacher musste sich gedulden. So nahm sie zunächst ein halbes Jahr Unterricht bei Julian Gerst, einem 22-Jährigen aus der Gemeinde. Schließlich wurde sie Schülerin bei Pfeifer und in das zweijährige Kirchenförderungsprogramm aufgenommen. Sie bekam wöchentlich Unterricht, zahlte 30 Euro im Monat, die Gemeinde finanzierte den Rest. Eine Investition in die Musik und in die Zukunft. „Die Gemeinde braucht immer wieder Leute, die beim Orgelspiel einspringen.“

In den Sommerferien 2016 hatte Dagmar Schumacher ihre Bewährungsprobe. „Da waren alle in Urlaub. Ich sollte einspringen und bei einer Beerdigung spielen. Das wollte ich besonders schön machen.“

Dagmar Schumacher über ihren Lieblingskomponisten

Der Orgel mit ihren vielen Registern, den unendlichen Möglichkeiten der Klangfärbung gehört mittlerweile Schumachers ganzes musikalisches Herz. Dass sie zum Üben nicht nur ins nächste Zimmer gehen muss, stört sie nicht.

„Bach. Er war es immer und das bleibt auch so“, sagt die Schiefbahnerin über ihren Lieblingskomponisten. Aber sie öffne sich auch Neuem: „Kantor Pfeifer legt immer wieder Literatur vor. Da muss ich mich richtig hineinarbeiten.“

Gearbeitet, geprobt und gebüffelt hat sie besonders vor der Orgel-Prüfung, die sie Mitte Mai vor Vertretern des Landeskirchenamtes Düsseldorf abgelegt hat. 15 Lieder und drei freie Stücke sollte sie auswählen. „Da habe ich täglich eine Stunde geübt. Das läppert sich.“ Am liebsten sei ihr dazu die Morgenstunde gewesen, nach der ersten Gassi-Runde mit ihren Hunden.

Mit dem Instrument in der Willicher Kirche ist sie am vertrautesten. Dort war sie auch Prüfling, brachte gelernte Stücke vor, spielte frei vom Blatt. „Und ein Lied vorsingen sollte ich auch.“ Etwas nervös sei sie gestartet, aber mit den ersten Takten sei ihr gleich die richtige Geschwindigkeit im Spiel gelungen. „Das gefiel mir und ich merkte, das klappt.“

Nun hat sie ihn — den „Ermächtigungsnachweis Orgel“, ihre Urkunde. Das heißt nicht, dass sie nun noch mehr Zeit an der Orgel in der Kirche verbringt. Dagmar Schumacher: „Gestern habe ich anstatt zu üben lieber einen Krimi mit meinem Mann geguckt.“