Pfarrer Ludwig Kamm: Abiturient im feinen Anzug
1954 ist der Pfarrer von St. Godehard in Vorst in eine Dorfschule eingeschult worden. Seine Reifeprüfung machte er in Schwerte.
Vorst. „Ich bin ein Schwerter Jung.“ Ludwig Kamm, Pfarrer von St. Godehard in Vorst, und St. Cornelius in St. Tönis, hat seine ersten Schuljahre in der Volksschule von Geisecke verbracht, einem „Dorf von Bauern und Eisenbahnern“. Damals saßen er und die anderen Kinder in festen Bänken, die Schiefertafel vor sich. Eingeschult wurde Ludwig Kamm zu Ostern im Jahr 1954. „Ich war nie auf einer katholischen Schule“, sagt der Geistliche. Die Dorfschule bestand aus drei Klassen. Zwei Lehrer unterrichteten jahrgangsübergreifend. Sein Einschulungsjahrgang bestand aus sieben Schülern.
Seinen Eltern war Bildung wichtig. Kamm erinnert sich genau an eine besondere und teure Anschaffung der Familie: „Meine Eltern kauften ein dreibändiges Lexikon.“ Sowohl Mutter als auch Vater Kamm hatten das Gymnasium Schwerte bis zur zehnten Klasse besucht. 1958 wechselte auch Sohn Ludwig als Neunjähriger dorthin. Der Junge hatte erfolgreich die übliche dreitägige Aufnahmeprüfung bestanden, „Diktat, Aufsatz, Rechenarbeit“.
Die 2,9 Kilometer von seinem Zuhause in Lichtendorf bis zum Friedrich-Bährens-Jungengymnasium Schwerte legte Kamm täglich mit dem Fahrrad zurück. 2,9, das weiß er deshalb so genau, weil „man erst ab drei Kilometern ein Anrecht auf einen Platz in überdachten Fahrradständer hatte“. Sein Vater war ihm am ersten Tag heimlich radelnd gefolgt, um zu sehen, ob der Junge die Strecke auch gut hinter sich bringen würde. Das hat Kamm aber erst später erfahren.
Mit 79 Schülern war sein Jahrgang Ostern 1958 an der weiterführenden Schule gestartet. Am 2. November 1966 nahmen jedoch nur 20 jungen Männer in feinen schwarzen Anzügen ihre Reifezeugnisse entgegen. „Von meinem Jahrgang haben nur 15 das Abitur geschafft.“ Die anderen fünf waren aus höheren Klassen zu ihnen gestoßen.
Ludwig Kamm war der erste der Familie, der das Abitur machte. In Englisch sei er schlecht gewesen. „Chemie und Latein waren okay“, sagt er. Religion ein Pflichtfach.
Schon wenige Tage nach der Abiturfeier konnte Kamm den feinen Anzug erneut anziehen. Der „Schwerter Jung“ wurde in Aachen feierlich als Student des ersten Semesters vereidigt.
Kamm schloss sein Chemiestudium mit Diplom ab, arbeitete zunächst am Institut für organische Chemie und stundenweise als Lehrer in einer Oberstufe eines Gymnasiums. Dass er sich beruflich umorientierte, vom Beruf zur Berufung, hat auch mit seinen Lehrjahren zu tun. Als Student schloss sich Kamm einer katholischen Verbindung an, in der viel diskutiert wurde. „Phasenweise war Kirche ganz weit weg“, sagt er, aber die Themen haben ihn nie ganz losgelassen. Das starke Interesse daran hatte zu Schulzeiten Kaplan Hans-Georg Glasner geweckt. Kamm engagierte sich in der katholischen Jugendgruppe (KSJ). Glasner unternahm mit den Jugendlichen Zelt- und Wandertouren. 1968 ging es für Kamm, den Kaplan und Freunde in einem R 16 sieben Wochen lang auf Tour, nach Italien, in die Türkei, in den Iran bis in den Irak und zurück, Kamms erste lange Auslandsreise.
Wenn man sich heute in seinem Büro im Vorster Pfarrhaus umsieht, mitten in dem Ort, in dem Kamm verwurzelt ist, zeugen Bücher, Bilder und Souvenirs an jeder Wand von Themen und Stationen, die ihm im Leben wichtig waren und sind. Unübersehbar — die Liebe des „Schwerter Jung“ zu Afrika.