Prozess: „Flirtversuch“ falsch gedeutet
Ein Willicher steht wegen Nötigung vor Gericht. Er soll eine Frau heftig bedrängt haben.
Willich. Vor einigen Monaten soll sich folgendes in einer Willicher Wohnung abgespielt haben: Ein 43-Jähriger hatte eine Bekannte zu sich eingeladen. Zuerst unterhielt man sich nett, doch dann änderte sich die entspannte Situation. Was nun geschah? Dazu gibt es zwei ganz unterschiedliche Versionen.
Die beteiligte Frau gibt an, dass sich ihr der Mann auf unangemessene Weise genähert, sie gegen ihren Willen berührt und umarmt habe. Den Versuch, sie zu küssen, „konnte die Geschädigte nur mit erheblicher Gegenwehr verhindern.“ So steht es in der Anklageschrift. Der entsprechende Prozess startete am Donnerstag am Krefelder Amtsgericht.
In der Anklageschrift heißt es weiter, dass der Beschuldigte die Frau schließlich daran hindern wollte, die Wohnung zu verlassen. Erst als er einen Moment unaufmerksam gewesen sei, sei es ihr gelungen zu fliehen.
Der wegen versuchter Nötigung angeklagte Willicher widersprach dieser Version der Ereignisse vehement. Er ließ durch seinen Anwalt erklären, dass er die Frau an jenem Tag auf der Straße gesehen und zu sich „gewunken“ habe. Er sei alkoholisiert gewesen. Da er zu dem Zeitpunkt auch Medikamente nehmen musste, habe der Alkohol eine „stärkere Wirkung“ gehabt.
In der Wohnung habe man miteinander geredet und Musik gehört. Spontan habe die Bekannte des Beschuldigten auch getanzt. „Mein Mandant dachte dann, dass die Frau mit ihm flirten wollte“, ergänzte der Verteidiger. Er habe sich ihr deshalb genähert, „schon so ähnlich, wie es in der Anklageschrift steht.“ Offensichtlich habe er ihr Verhalten aber falsch gedeutet. Als er gemerkt habe, dass sie die Wohnung verlassen wollte, „zeigte er Verständnis, entschuldigte sich und ließ sie gehen.“
Er sei ihr nicht in den Weg getreten und sie habe auch nicht „fliehen“ müssen, so der Verteidiger. Und fügte hinzu, dass sein Mandant sich ein paar Tage später, als er der Frau zufällig begegnet sei, erneut entschuldigt habe.
Ein Urteil wurde am Donnerstag nicht gefällt, da die Geschädigte nicht in den Zeugenstand treten konnte: Sie hatte die Vorladung nicht erhalten, da sich ihre Anschrift anscheinend kurzfristig geändert hat. Der Prozess wird fortgesetzt. sr