Rewe-Areal: Stadtrat hielt das Risiko für zu hoch
Analyse: Was bedeutet die Ablehnung der Kaufoption für das Gelände an der Grabenstraße in Willich?
Willich. Chance vertan? Der eine oder andere Willicher mag sich diese Frage stellen, nachdem sich der Stadtrat dagegen entschieden hat, das städtische Vorkaufsrecht für das Rewe-Areal im Herzen von Alt-Willich wahrzunehmen. Die Entscheidung fiel mit der klaren Mehrheit von CDU, SPD und FDP. Nur die drei anwesenden Mitglieder der Grünen setzen sich für die Investition ein.
Warum fiel die Entscheidung gegen den Kauf? Der Ratsmehrheit war das Risiko zu groß, eine Summe von mehr als elf Millionen Euro in ein Objekt zu investieren, mit dem man vermutlich 20 Jahre nichts anfangen kann. Denn bis 2036 läuft noch der Mietvertrag von Rewe. Zudem folgten CDU, SPD und FDP der Einschätzung von Kämmerer Willy Kerbusch, wonach eine solche Summe die Schuldenlast der Stadt nur weiter nach oben getrieben hätte, ohne vor zusätzlichen Kosten — etwa durch notwendig werdende Renovierungen des alten Hannen-Gebäudes — sicher zu sein.
Ist die Chance auf eine städtebauliche Entwicklung des Areals nun vertan? Das hängt davon ab, ob der — offenkundig sehr solvente — private Investor aus Willich, der das Gelände kaufen will, seine bisherigen Absichtserklärungen wahr macht. In einer Vereinbarung mit der Stadt („Letter of Intent“) hat er zugesichert, das ehemalige Brauereigelände gemeinsam mit der Stadt und den benachbarten Eigentümern von Stadtwerken und Brauerei-Passage zu entwickeln. Die Sprecher aller Fraktionen betonten zwar, dass die unterzeichnete Vereinbarung alles andere als verpflichtend ist. Doch Johannes Bäumges (CDU), Bernd-Dieter Röhrscheid (SPD) und Hans-Joachim Donath (FDP) hoben auch hervor, dass besagter Investor ein großes Eigeninteresse daran haben muss, den Wert seiner Investition zu steigern.
Hätte die Stadt das Areal nicht auch selbst entwickeln können? Nein. Zum Kaufpreis von 11,3 Millionen Euro wären viele weitere Millionen für die Entwicklung gekommen. Hans-Joachim Donath fasste es so zusammen: „Das Ganze ist eine Nummer zu groß für die Stadt.“ Zumal sich diese auch noch mit Rewe als Mieter des Areals hätte einigen müssen. Seit 2014 ist der Kontakt der Stadt zu der Lebensmittel-Kette aber alles andere als gut. Damals verhinderte Rewe durch ein Veto die Pläne eines auswärtigen Investors, den Parkplatz zu bebauen und die Stellplätze aufs Dach zu verlegen. Dem neuen Investor aus Willich wird zugetraut, einen besseren Draht zu Rewe entwickeln zu können.
Warum haben sich Bündnis 90/Die Grünen für den Kauf ausgesprochen? Die Grünen wollten laut ihrem Sprecher im Rat, Merlin Praetor, „einen Fuß in die Tür“ bekommen. Vor 30 Jahren habe die Stadt die Chance verpasst, nach einem Kauf das Filetstück im Herzen von Alt-Willich selbst gestalten zu können. Wirtschaftlich sei das Ganze zu stemmen, denn die Stadt könne in den kommenden 20 Jahren Mieteinnahmen von Rewe erzielen. Praetor räumte aber auch ein, dass es Risiken auf beiden Seiten gebe.
Hätte die Stadt die 11,3 Millionen Euro für einen Kauf aufbringen können? Nicht aus dem laufenden Haushalt. Ein Nachtragshaushalt wäre notwendig geworden, den der Landrat hätte genehmigen müssen. Kämmerer Willy Kerbusch ließ Zweifel erkennen, ob es eine solche Genehmigung gegeben hätte.